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Die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gehören zu den literarisch aufregendsten des letzten Jahrhunderts. Ein wichtiger französischer Autor jener Zeit ist erst vor wenigen Jahren dem Vergessen entrissen worden und hierzulande ganz neu zu entdecken: Georges Hyvernaud (1902-1983). Der Viehwaggon aus dem Jahr 1953 berichtet von der Zeit gleich nach dem Krieg, in Paris. Der Erzähler, den die Kriegsjahre mit einer "Krankheit des Blicks" geschlagen haben, sieht zu klar. Er sieht, was mit den Menschen in seinem Viertel los ist, die sich nach der Befreiung geschäftig neu einrichten und um ein Mahnmal zu Ehren des Widerstands streiten: Welche Résistancegruppe kann die meisten Toten verbuchen? Und die Toten der anderen - waren sie wirklich Widerstandskämpfer? Wütend, müde, nicht ohne finsteren Humor schaut der Erzähler zu. Nach eigenen Aktivitäten gefragt, schützt er Arbeit an einem Roman vor - dessen Titel: Der Viehwaggon.
A propos de l'auteur
Georges Hyvernaud, geboren 1902 in der Charente, stirbt 1983 in Paris. 1939 wird er eingezogen und gerät im Mai 1940 in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er kommt in ein Lager in Pommern. 1945 kehrt Hyvernaud zurück. Er arbeitet in Paris als Lehrer, wie vor dem Krieg. 1949 erscheint sein erstes Buch, das trotz Unterstützung durch Jean-Paul Sartre u. a. fast unbeachtet bleibt. Erst nach dem Tod wird sein Werk wirklich entdeckt. Aus dem Nachlaß werden noch weitere Bücher ediert.
Julia Schoch, 1974 in Bad Saarow geboren, lebt nach Aufenthalten in Bukarest und Paris als freie Autorin in Potsdam. Für ihr von der Kritik hoch gelobtes Erzähldebüt »Der Körper des Salamanders« wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderen dem Förderpreis des Friedrich-Hölderlin-Preises und des Annette-von-Droste-Hülshoff-Preises. Für ihre Übersetzung von Georges Hyvernauds "La peau et les os" erhielt sie 2010 den André-Gide-Preis.
Résumé
Die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gehören zu den literarisch aufregendsten des letzten Jahrhunderts. Ein wichtiger französischer Autor jener Zeit ist erst vor wenigen Jahren dem Vergessen entrissen worden und hierzulande ganz neu zu entdecken: Georges Hyvernaud (1902-1983). Der Viehwaggon aus dem Jahr 1953 berichtet von der Zeit gleich nach dem Krieg, in Paris. Der Erzähler, den die Kriegsjahre mit einer "Krankheit des Blicks" geschlagen haben, sieht zu klar. Er sieht, was mit den Menschen in seinem Viertel los ist, die sich nach der Befreiung geschäftig neu einrichten und um ein Mahnmal zu Ehren des Widerstands streiten: Welche Résistancegruppe kann die meisten Toten verbuchen? Und die Toten der anderen - waren sie wirklich Widerstandskämpfer? Wütend, müde, nicht ohne finsteren Humor schaut der Erzähler zu. Nach eigenen Aktivitäten gefragt, schützt er Arbeit an einem Roman vor - dessen Titel: Der Viehwaggon.
Texte suppl.
»›Ich will keine Wertschätzung, ich will gelesen werden‹, hat Hyvernaud geschrieben. Es sei dringend empfohlen, diesem Wunsch nachzukommen.«
Commentaire
"Hyvernaud betreibt eine existenzialistische Bestandsaufnahme menschlichen Da- oder Soseins mit all seinen Insignien der Vergeblichkeit. Mitunter zeigt er sich dabei auch sehr direkt und drastisch in seiner Diktion. … Bald wiederum erinnert der Tonfall mit seiner leichten Zerknirschungstendenz an den vor vielen Jahren wiederentdeckten (und mittlerweile wieder vergessenen) Emmanuel Bove. Auch Bove hatte in einem seiner letzten Romane, Die Falle (1945, deutsch 1996 in der Bibliothek Suhrkamp), ein wenig schmeichelhaftes Bild der französischen Gesellschaft zu Zeiten der Okkupation gezeichnet, war dabei sehr minuziös den Verlogenheiten und zwischenmenschlichen Desastern nachgegangen. … Was Hyvernauds Roman – im Grunde sollte man freilich eher von einer Aneinanderreihung einzelner Beobachtungen reden – auch heute noch eine eigenwillige Brisanz verleiht, ist (wie bei Boves Falle ) das ständig mit verhandelte Thema von Kollaboration und Résistance." Thomas Laux Neue Zürcher Zeitung