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Überwachung und Datenerfassung genießen keinen guten Ruf. Ob durch staatliche Akteure oder Digitalunternehmen - sobald Informationen über uns gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden, denkt man schnell an das Angstregime der Stasi, autoritäre Überwachungsdystopien, die Allmacht der Tech-Konzerne.Auch auf der Linken haben wir Datenschutz und Privatsphäre hochgehalten, eine strenge Regulierung der Konzerne gefordert und »Meine Daten gehören mir!« gerufen. Doch privacy und Datenschutz sind bürgerliche Kategorien, die letztlich ein Privateigentum im Digitalen konstituieren. Statt uns die Potentiale des digitalen Wandels für ein radikal solidarisches Projekt anzueignen, sind wir in die Falle einer konservativen Kritik und der Vorstellung einzelner isolierter Datenbesitzer:innen getappt.Timo Daum fordert stattdessen, Überwachung positiv zu denken - als Produktivkraft, als Form der Sorge, als Möglichkeit guten Regierens. Denn Überwachung kann auch bedeuten, Vermieter und Eigentümer an Preistreiberei zu hindern, Raser im Straßenverkehr auszumachen, Finanz- und Steuerverbrechen aufzudecken - oder den Grundstein für ein postkapitalistisches, bedarfsorientiertes Wirtschaften zu legen.Von einem Lob der Überwachung zu sprechen, ist keine geschichtsvergessene Romantisierung autoritärer Systeme, sondern der Versuch, uns die technischen Möglichkeiten, die der Überwachungskapitalismus geschaffen hat, für eine Zukunft ohne Kapitalismus anzueignen.
Über den Autor / die Autorin
Timo Daum ist Universitätsdozent und Autor. Zuletzt lehrte er am Fachbereich Politikwissenschaft der Universität Wien 'Politische Ökonomie der Daten'. Er ist Dissertationsstipendiat der Rosa Luxemburg Stiftung. Sein Buch 'Das Kapital sind wir. Zur Kritik der digitalen Ökonomie' erhielt den Preis Das politische Buch 2018 der Friedrich-Ebert-Stiftung. 2019 und 2020 erschienen 'Die künstliche Intelligenz des Kapitals und Agiler Kapitalismus', zuletzt 'Big Data China. Technologie - Politik - Regulierung' (Mandelbaum 2023). Timo Daum lebt in Wien und Berlin.
Zusammenfassung
Überwachung und Datenerfassung genießen keinen guten Ruf. Ob durch staatliche Akteure oder Digitalunternehmen – sobald Informationen über uns gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden, denkt man schnell an das Angstregime der Stasi, autoritäre Überwachungsdystopien, die Allmacht der Tech-Konzerne.
Auch auf der Linken haben wir Datenschutz und Privatsphäre hochgehalten, eine strenge Regulierung der Konzerne gefordert und »Meine Daten gehören mir!« gerufen. Doch privacy und Datenschutz sind bürgerliche Kategorien, die letztlich ein Privateigentum im Digitalen konstituieren. Statt uns die Potentiale des digitalen Wandels für ein radikal solidarisches Projekt anzueignen, sind wir in die Falle einer konservativen Kritik und der Vorstellung einzelner isolierter Datenbesitzer:innen getappt.
Timo Daum fordert stattdessen, Überwachung positiv zu denken – als Produktivkraft, als Form der Sorge, als Möglichkeit guten Regierens. Denn Überwachung kann auch bedeuten, Vermieter und Eigentümer an Preistreiberei zu hindern, Raser im Straßenverkehr auszumachen, Finanz- und Steuerverbrechen aufzudecken – oder den Grundstein für ein postkapitalistisches, bedarfsorientiertes Wirtschaften zu legen.
Von einem Lob der Überwachung zu sprechen, ist keine geschichtsvergessene Romantisierung autoritärer Systeme, sondern der Versuch, uns die technischen Möglichkeiten, die der Überwachungskapitalismus geschaffen hat, für eine Zukunft ohne Kapitalismus anzueignen.
Vorwort
Am Überwachungskapitalismus ist nicht die Überwachung das Problem, sondern der Kapitalismus: für eine positive Überwachungspolitik!