Beschreibung
Produktdetails
Kundenrezensionen
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Eindrücklich
Paul Lynch schreibt in seinem 2023 mit dem Booker Prize ausgezeichneten Buch „Das Lied des Propheten“ über ein totalitäres System, das völlig ungebremst immer stärker die Rechte ihrer Bürger einschränkt.
Das Buch begleitet den Alltag von Eilish Stack, deren Mann Larry sowie ihren vier Kindern. Larry, der Gewerkschaftler ist wird wegen seiner Aktivität in einer Gewerkschaft zunächst angehört und verschwindet dann vom einen auf den anderen Tag. Wie bei einem solchen System nicht anders zu erwarten, wird ihm wird kein Anwalt an die Seite gestellt und auch seine Familie wird nicht darüber informiert, wie es ihm geht. Doch Eilish lässt sich von dem immer brutaler vorgehenden System nicht einschüchtern und ist eine der einzigen, die sich gegen den Staat auflehnt.
Lynch beschreibt sehr eindrücklich, wie stark sich ein System in einer relativ kurzen Zeit mithilfe von Verordnungen, der Polizei und einem Sicherheitsdienst ändern kann. Auch wenn es für mich sehr erschreckend war zu lesen, in was für einer grausamen Realität Eilish leben muss, so muss ich leider doch sagen, dass die beschriebenen Entwicklungen mit Blick auf die deutsche Vergangenheit realistisch sind. Durch Lynch stark einnehmenden Schreibstil war ich schnell in der Geschichte drin und habe dann kaum mehr das Buch aus der Hand legen wollen. Eilish Alltag wird sehr bewegend und ausführlich beschrieben, sodass man sich die gegebenen Umstände gut bildlich vorstellen kann. Durch ihre taffe Art macht es Spaß zu verfolgen, inwieweit Eilish sich gegen das System auflehnt. Gerade mit Blick auf aktuelle Wahlergebnisse erschreckt einen das Buch nur umso mehr und ist hoffentlich ein Weckruf für viele. Dementsprechend ein sehr empfehlenswertes Buch, das nochmals unseren Blick auf aktuelle Entwicklungen schärft und gerade zur aktuellen Zeit wichtiger denn je ist. -
Aktuelles Thema nicht perfekt umgesetzt
Für diesen Titel hat Paul Lynch den Booker Prize 2023 gewonnen und ich kann es zu einem Teil verstehen, auch, wenn ich nicht hundertprozentig überzeugt wurde.
Das Thema ist aktueller denn je. Es geht um ein dystopisches Irland, in dem die Protagonistin Eilish mit ihrem Mann und ihren vier Kindern lebt. Die Regierung des Landes handelt immer unlogischer und grausam und nach und nach verschlimmert sich die Lage für Eilish und die anderen Menschen im Lande.
Zu viele Details möchte ich nicht verraten. Als Leser*in merkt man jedoch, wie es Kapitel für Kapitel immer düsterer und schlimmer wird. Dies hat Lynch sehr gut eingefangen.
Da die Thematik aber sehr komplex ist und viel Raum braucht, passiert alles sehr schnell im Buch. Meiner Meinung nach zeigt sich das leider auch in den Charakteren, die mir manchmal zu naiv (Eilish) erscheinen und viel zu optimistisch denken.
Prinzipiell bin ich froh das Buch gelesen zu haben und mir wurden definitiv Denkanreize gegeben. Zwar ist dieses Buch eine Dystopie, doch viele der Ereignisse im Buch hat es so oder in einer ähnlichen Form gegeben beziehungsweise gibt es sie immer noch.
Daher 3,5* von mir. -
Spitzt sich ohne Erklärung zu schnell zu
Auf "Das Lied des Propheten" von Paul Lynch habe ich mich sehr gefreut, wenn man das so sagen kann. Immerhin geht es um Irland als autoritären Staat. Das ist nun nicht unbedingt ein Thema, das erfreuliche Lektüre verspricht. Lesen ist für mich persönlich jedoch nicht ausschließlich Vergnügen und seichte Unterhaltung. Ich verspreche mir vom Lesen auch Herausforderung und Denkanstöße.
Beides habe ich hier leider nicht gefunden, was mich im Nachhinein auch etwas ratlos zurücklässt, indem ich mich nämlich gefragt habe, weshalb dieses Buch den Pulitzer-Preis gewonnen hat.
Der Roman beginnt bereits auf der ersten Seite spannungsgeladen. Die irische Polizei klopft an die Haustür der Familie Stack und verlangt den Hausherrn. Mutter Eilish verhält sich bereits eingeschüchtert - wie das berüchtigte Reh vor den Autoscheinwerfern. Immerhin ist sie Mutter von vier Kindern. Sie hat Verantwortung. Später kommt ihr Mann Larry nach Hause, nimmt die Ladung der Polizei jedoch nicht ernst. Wenig später nimmt Eilish die Polizei nicht ernst. Dann hat sie wieder pure Angst. Und vice versa.
Das ist derart inkonsequent, dass ich das durchaus ärgerlich fand. Man kann das als Hin- und Hergerissenheit im Anfang der neuen Verhältnisse verstehen. Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen? Kam einfach eine neue Partei an die Macht und hat einfach alles neu etabliert? Beim Lesen kam es mir so vor, als hätte der Autor einfach die historischen Verhältnisse des NSDAP-Regimes in Deutschland eins-zu-eins auf das moderne Irland projiziert, ohne etwas zu erklären.
Fazit: Das Buch liest sich sehr gut. Man merkt schon, dass Paul Lynch schreiben kann. Trotzdem hat mich der Roman leicht verärgert und irritiert zurückgelassen. Schwieriges Buch, das ich weder ablehnen noch empfehlen kann. -
spannend!
Nach dem Verschwinden ihres Mannes, direkt nach dem Verhör durch die Geheimpolizei versucht die Hauoptprotagonistin, Eilish, verzweifelt ihre Familie vor der Regierung zu schützen.
Was mir vor allem Am Anfang aufgefallen ist, war die poetische Schreibweise. Normalerweise finde ich das sehr gut, hier jedoch kam es etwas erzwungen rüber. Dies änderte sich jedoch im weiteren laufe des Romans und wirkte dann etwas natürlicher.
Die wörtliche Rede wurde im Roman nicht gekennzeichnet- dies finde ich immer etwas mühsam im Lesefluss, jedoch passte es auch zur Geschichte selbst. Ebenso fand ich den Blocksatz mit den wenigen Lücken und Absätzen etwas unangenehm zu lesen. Wobei genau dieses Lesegefühl die Stimmung im Buch unterstrich.
Auch wenn es ein paar stilistische Kleinigkeiten gab, die ich zu kritisieren habe, finde ich das Buch absolut lesenswert und spannend! -
Finstere Zeiten
Mit dem Booker-Prize gekrönten Dystopie-Roman „Das Lied des Propheten“ entwirft Paul Lynch ein düsteres Irland, in dem die Faschisten und Tyrannen die Macht übernommen haben – aus der Perpektive der Familie Stack, allen voran Mutter Eilish, entsteht ein beklemmend-überzeugendes Kammerspiel ums Überleben.
In Dublin hat nach einer Krise und einem Notstandsgesetz die rechtsgerichtete Partei National Alliance Party das Ruder übernommen – deren gegründete Geheimpolizei-Organisation GNSB verfolgt Andersdenkende und Widerständler. So wird eines Nachts nach einer Demonstration auch der engagierte Gewerkschaftler Larry Stack abgeholt und verschwindet mit zahlreichen weiteren Bürgern – seine Frau Eilish versucht in dieses finster-gewaltvollen Zeiten ihre vier Kinder zu beschützen und kümmert sich zudem noch um ihren demenzkranken Vater. Als ein katastrophaler Bürgerkrieg zwischen Militär und Rebellen ausbricht, die Medien gleichgeschaltet wurden und nur noch die Regimetreuen unterstützt werden, steht Eilish zwischen der dramatischen Entscheidung zu fliehen oder um Larrys Freiheit zu kämpfen.
Brillant verwendet Paul Lynch eine kunstvolle, fast schon lyrische Sprache mit vielen außergewöhnlichen Metaphern und ohne wörtliche Rede sowie Absätze. Dieser Stil ist anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, unterstreicht aber das klaustrophische Schrecken in seinem Setting voller Krieg, Gewalt und Flucht. Die Handlungen und Gedanken von Eilish sind sehr eindringlich-empathisch geschildert und ziehen tief in das verstörende Geschehen rein, das sich subtil und mit langsamen Tempo immer dramatischer entwickelt und das Böse unausweichlich über jeder Seite schwebt.
Ein beängstigender, fesselnder und sehr kluger Roman von aktueller Brisanz und Deutlichkeit, was es heißt, wenn ein Staat in den Totalitarismus abgleitet und die gewohnte Welt sowie Zivilgesellschaft albtraumhaft zusammenbrechen. Auch wenn es stilistisch etwas überbordend wirkt und das Ende sehr rasch erzählt wird, ein sehr wichtiges Meisterwerk! -
Bleibt inhaltlich hinter den Erwartungen zurück, sprachlich gekünstelt
Zentrale Figur ist die Eilish, promovierte Mikrobiologin, Ehefrau des Lehrers und Gewerkschaftsführers Larry und vierfache Mutter. In Irland wurden aufgrund nicht näher bezeichneter politischer Umstände die Grundrechte per Notverordnung eingeschränkt und die Gewerkschaften vom neu installierten Geheimdienst massiv unter Druck gesetzt. Nach einer Demonstration kehrt Larry eines Tages nicht mehr zurück. Eilish sieht sich mit der Ungewissheit um ihren Mann und die Sicherheit ihrer Kinder konfrontiert, hinzu kommt die Sorge um ihren demenzkranken Vater. Die Lage spitzt sich zu, die Medien werden gleichgeschaltet, zentrale Posten regimetreu besetzt, es kommt zu Ausschreitungen zwischen Militär und Rebellengruppen. In einer Welt, in der plötzlich alles auseinanderbricht, versucht Eilish verzweifelt, ihre Familie zusammenzuhalten.
Die Thematik ist hochaktuell, extreme Parteien gewinnen an Zulauf und das kostbare Gut der Demokratie und der freiheitlichen Grundrechte ist auch in Europa in Gefahr. Paul Lynchs in Irland angesiedelter Roman wirkt daher erschreckend realistisch.
Paul Lynch legt den Fokus klar auf Eilish und ihre Emotionen und Gedanken. Die politischen und ideologischen Hintergründe bleiben im Dunkeln, auch die gesellschaftlichen Umbrüche, die internationalen Reaktionen, Taktik und Formierung der Rebellengruppen, die Möglichkeiten der Überwachung bleiben vage. Hierdurch wirkt der Roman einerseits universell, andererseits auch etwas beliebig. Ich hätte mir hier an manchen Stellen eine etwas stärkere Ausgestaltung gewünscht.
Anschaulich zeigt Lynch, wie schwer es für die Menschen ist, ihre gewohnte Umgebung und ihr bisheriges Leben samt sozialen Zusammenhängen, Beruf und Haus zurückzulassen. Von außen betrachtet fällt es leicht, zur Flucht zu drängen, doch für die Betroffenen selbst ist die Entscheidung unsagbar schwierig und wird lange, manchmal zu lange hinausgezögert. In diesem Zusammenhang ist mir ein Satz im Buch besonders im Gedächtnis geblieben: „Die Geschichte ist eine stumme Liste derer, die nicht wussten, wann sie gehen müssen.“
Befremdlich fand ich Paul Lynchs Schreibstil. Er verzichtet komplett auf Absätze und in der direkten Rede auf Anführungszeichen. Dies soll wohl ein gewisses Tempo erzeugen, bewirkte bei mir aber das Gegenteil. Viele Passagen musste ich mehrfach lesen, um in Dialogen die Textanteile den jeweiligen Sprechern korrekt zuzuordnen. Durch die fehlenden Absätze findet man sich zudem immer wieder unvermittelt in einer neuen Situation wieder, die man erst einmal zeitlich und räumlich einordnen muss.
Lynch nutzt teils ungewöhnliche Sprachbilder ( „(…) und ist die Lüge erst erkannt, bleibt sie aus dem Mund gewachsen wie eine tot züngelnde Giftblume.“) und verknüpft Motive aus der Natur mit Eilishs Empfinden: „Sie hört einen langen, seufzenden Atemzug, dann statische Stille gleich einem Regendunkel, das fühlbar ist, ein Regen, der aus dem Dunkel fällt und sie alle wäscht, der dunkle Regen, der in den Mund ihres Sohnes fällt.“ Hier muss ich gestehen, dass mir der Sprachstil nicht entgegen kam. Wollte Lynch hierdurch Eilishs Denken und Fühlen besonders intensiv und nachdrücklich beschreiben, so erreichte es bei mir nicht den gewünschten Effekt. Ich empfand die Bilder als konstruiert und künstlich und blieb daher emotional eher auf Distanz zu Eilish.
Die Geschichte nimmt nur allmählich Fahrt auf, gewinnt im letzten Drittel an Dynamik, um dann, wenn es wirklich packend wird, Einzelheiten zu überspringen und relativ abrupt zu enden. An einigen Stellen erschien mir die Handlung unrund, etwa wenn der Autor unbedingt Parallelen zu Geflüchteten in Schlauchbooten ziehen möchte, die hier etwas aufgesetzt wirken.
Insgesamt bin ich hin- und hergerissen. Ich möchte dieses Buch so gerne mögen, und hadere doch mit dem gekünstelt-poetischen Sprachstil und manchen Unstimmigkeiten. Leider erreicht es für mich weder die sprachliche und konzeptionelle Wucht noch die enorme Weitsicht von Dystopie-Klassikern wie „1984“.
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