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Mit ihrer Einführung in die französische Ethnopsychiatrie verdeutlicht Sophie Kotanyi jene Grundfragen, die im therapeutischen Umgang mit geflüchteten Menschen und MigrantInnen beachtet werden müssen. Sie skizziert die theoretischen Grundlagen der französischen Ethnopsychiatrie und stellt die daraus entwickelten Behandlungspraktiken der innovativen interkulturellen Psychotherapie am Centre Georges Devereux und im Krankenhaus Avicenne in Bobigny vor.Die transkulturellen Ansätze der Ethnopsychiatrie fordern westliche Konzepte und Praktiken der Psychiatrie und Psychotherapie heraus. Statt auf das Individuum zu fokussieren, zeigen sie die Notwendigkeit auf, sich den Menschen in ihren sozialen und kulturellen Bezügen anzunähern. So ermöglichen sozial und kulturell adäquate therapeutische Ansätze mehr Wirksamkeit in der Therapie von Geflüchteten und MigrantInnen mit außereuropäischem Hintergrund. Im Nachwort diskutiert Stephan Becker den Mehr-Personen-Behandlungsrahmen der französischen Ethnopsychiatrie und ordnet ihn in den historischen und therapeutischen Kontext in Deutschland ein.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung1 Die Behandlungsorte und der Behandlungsrahmen - Setting1.1 Centre Georges Devereux (CGD)1.2 Das Krankenhaus Avicenne in Bobigny1.3 Das Setting einer ethnopsychiatrischen Behandlung1.4 Bemerkungen zum Ansatz dieser Studie2 Kontext und Methoden der Ethnopsychiatrie2.1 Definition2.2 Historischer Kontext2.3 Methoden der Ethnopsychiatrie2.4 Theoretischer Grundsatz: Kultur und Psyche als zwei homologe Systeme2.5 Kontext der Emigration in Frankreich2.6 Herausforderungen der Ethnopsychiatrie in Deutschland3 Fallbeispiele3.1 Fallbeispiel aus der Behandlung im Centre G. Devereux: Wem gehört dieses Kind?3.2 Fallbeispiel aus der Behandlung in Bobiny: Das Ahnenkind« - oder das Kind, das auf einem Faden läuft, oder das Kind, das entscheidet4 Theoretische Grundannahmen der vorgestellten Ethnopsychiatrie4.1 Sinn und Ursache der Krankheit4.2 Die therapeutische Wirksamkeit4.3 Metakulturelle Klassifikation therapeutischer Techniken4.4 Ansätze einer Theorie über Migration in der Ethnopsychiatrie5 Kritische Bemerkungen5.1 Kritische Stimmen in Frankreich5.2 Die Ethnopsychiatrie im Kontext der Debatte um kulturelle Hybridität5.3 Kritische Anmerkungen zu Nathans Ethnopsychiatrie6 Schlussfolgerungen und ZusammenfassungNachwortDas Mehrpersonensetting in der Behandlung von MigrantenStephan BeckerLiteratur
Bericht
»Während Tobie Nathans ethnopsychiatrischer Ansatz in den französischsprachigen Ländern früh Beachtung fand, ist er in den deutschsprachigen Ländern noch immer weitgehend unbekannt. Die belgische Ethnologin Sophie Kotanyi bietet der deutschsprachigen Leserschaft nun eine Entdeckungsreise in die Welt der französischen Ethnopsychiatrie.« Ralph Erich Schmidt, psychoscope 6/2018 »Ein wichtiges, nicht immer leicht lesbares Buch, dass auch keine einfachen Rezepte, aber dafür eine Fülle von Anregungen zum Nachdenken und praktischen Umgang mit dem Fremden (auch in der eigenen Gesellschaft!) anregt. Ich kann es nur jedem, der sich nachdenklich mit der eigenen und fremden Kulturen beschäftigt, empfehlen.« Gertrud Hardtmann, Socialnet.de am 15. Oktober 2018