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Das Arten- und das Sprachensterben ist die Kehrseite von Konzentrationserscheinungen, von denen auch die Sprachen Europas erfasst werden. Aus vielen Bereichen, den Lebenswissenschaften ebenso wie den Natur- und Sozialwissenschaften, aber auch der Ökonomie, der Werbung und zunehmend auch der Philosophie beginnt die deutsche Sprache zu entschwinden. Der Streit um das amerikanische Englisch als einer lingua franca in Wissenschaft und Wirtschaft ist in vielen europäischen Ländern entbrannt. Franzosen wehren sich dagegen durch Gesetz, Polen durch Verordnungen, andere Nationen durch die Sorgfalt, mit der sie ihre Muttersprachen pflegen und unterrichten.
Das Talent, Deutsch zu schreiben untersucht in Essays über Goethe, Schiller und Thomas Mann Phänomene deutscher Sprachkultur aus zwei Jahrhunderten, die in Deutschland ebenso sprach- und kulturbildend waren wie in den USA, in Japan oder Korea, in Russland oder Großbritannien. Das Talent, Deutsch zu schreiben umfasst veröffentlichte und unveröffentlichte Texte über Goethes Entdeckung der Antike für die deutsche Sprachkultur, über Schillers Probleme mit der schwäbischen Mundart oder über Thomas Manns Auseinandersetzung mit seinen Münchner Stadtdialekt sprechenden Kindern. Die Phänomene der Sprachkultur werden mit anderen Wertbereichen der Gesellschaft konfrontiert - erkennbar wird die heute angefochtene, aber unentbehrliche Rolle der Sprache als Instrument für Erinnerung, Gedächtnis und Humanität.
Über den Autor / die Autorin
Wolfgang Frühwald, geboren 1935, ist Professor emeritus für Neuere Deutsche Literaturgeschichte an der LMU München. Von 1999 bis 2007 war er als erster Geisteswissenschaftler Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung.