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Die klassische politische Soziologie versteht das Problem politischen Handelns als etwas im Rahmen von rational-choice-, macht- oder systemtheoretischen Ansätzen in relativ klarer Form Rekonstruierbares. Ausgeblendet wird dabei eine bei Max Weber und in der gegenwärtigen Diskussion wieder auftauchende Prämisse, dass Politik, Machtausübung und Legitimation gebunden sind an den Glauben der Beherrschten an die Geltung einer bestimmten Funktion, einer bestimmten Amtsausübung. Die Frage lautet dann, wie dieser Glaube erzeugt wird; u.a. - und das ist das Thema des Buches- dadurch, dass Politik dargestellt wird und die Beherrschten in der Versinnbildlichung von Politik etwas finden müssen, das ihnen die Erzeugung dieser Geltung ermöglicht. Der Band versammelt empirische Studien aus Geschichte und Gegenwart sowie Konzepte zu einer Theorie figurativer Politik.
Inhaltsverzeichnis
Theoretische Perspektiven.- Figurative Politik. Prolegomena zu einer Kultursoziologie politischen Handelns.- Inszenierung und Repräsentation. Bemerkungen zur Politikdarstellung in der Gegenwart.- Das Unpolitische als Politik.- Bühnensuche. Monarchie, Bürokratie, Stände und 'Öffentlichkeit' in Preußen 1800-1830.- The Dandy Club. Zur Attraktivität eines apolitischen Lebensstils.- Märtyrertum als Topos politischer Selbstdarstellung in Iran.- Ästhetisierung von Politik und Gemeinschaftsbildung.- Feuer und Flamme. Zu einem theatralen Aspekt politischer Feste.- Die Ästhetisierung von Politik im Nationalsozialismus. Religionssoziologische Analyse einer Machtfiguration.- Die Stadt als nationalsozialistischer Raum. Die städtebauliche Inszenierung der 'Stadt der Auslandsdeutschen' Stuttgart.- Mythen politischer Institutionenbildung und nationaler Identitätssuche.- Heilsame Wunden. Holocaust-Gedenkstätten als Orte nationaler Identitätsbildung - Das Beispiel der 'Topographie des Terrors' in Berlin.- 'New Public Management' in der Schweiz. Zur Dramaturgie und Pragmatik eines moralischen Kreuzzugs.- Politische Lebenslügen als Self-Destroying Prophecies. Die Treuhandanstalt im Vereinigungsprozeß.- Mediale Konstruktionen politischer Rituale und Visionen.- Kanzlerkandidaten in Fernsehinterviews. Gerhard Schröder und Helmut Kohl in RTL und SAT 1.- Die Präsentation parlamentarischer Politik in den Fernsehnachrichten. Ein britisch-deutscher Vergleich.- Posen des Prestiges. Zur Theatralisierung von Regierungsgewalt in der Fernsehöffentlichkeit Malis.- Von der 'Krönungsmesse' zur 'Götterdämmerung'. Politikinszenierung in der deutschen Unterhaltungsöffentlichkeit.- Zu den Autorinnen.
Über den Autor / die Autorin
Hans-Georg Soeffner ist Professor emeritus für Kultur-, Wissens- und Religionssoziologie an der Universität Konstanz. Er war von 2007 bis 2011 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS).
Dirk Tänzler ist Privatdozent an der Universität Konstanz.
Zusammenfassung
Der Band versammelt empirische und theoretische Beiträge zu einem erweiterten Politikbegriff und stellt sich damit als ein erster Orientierungsversuch den Herausforderungen postmoderner Unübersichtlichkeit.