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DDR-Literaturwissenschaft war in doppelter Hinsicht blind. Weil sie sich auf ein gefälschtes Bild der Vergangenheit bezog, verstellte sie sich den Blick auf die Gegenwart - und vice versa. Intellektuelle faszinierte das vermeintliche Staatsanliegen der DDR, Geist und Macht zu sythetisieren. Die SED-Dikatatur wurde in Kauf genommen, um die Utopie einer vollkommenen Gesellschaft nicht preisgeben zu müssen. Auch wenn die DDR-Literaturwissenschaft vordergründig den 'genoseologischen' Realismusbegriff zugunsten einer 'kommunikativ-funktionalen' Literaturauffassung außer Kraft setzte, blieb sie notgedrungen Ideologie, die vorgab, was nicht der Fall war.
Die vorliegende Studie ist ein Beitrag zur Faszination der kommunistischen Ideologie in Deutschland. Die Quelle der Faszination wird im Schönheitskonzept des deutschen Idealismus ausgemacht, das Marx zutiefst beeindruckte.
Inhaltsverzeichnis
Aus dem Inhalt:
Die blinde Wissenschaft
Prolog: Faust oder Mephistoteles?
'Sieger und Verlierer'. DDR-Identität nach der Wende
DDR-Literaturwissenschaft als Problem deutscher Wissenschafts-
geschichtsschreibung
Ideologiekritik statt Begriffsgeschichte
Anachronistische Gründe einer antiquierte Methode
1. Lenins Vermächtnis als Auftrag der DDR-Literaturwissenschaft
Die Selbstreflexion nach den Umbrüchen der siebziger Jahre
1.1. Die Einheit der Erkenntnis. Das Problem der Selbstreflexion
1.2. Die Grundbegriffe der Selbstreflexion
1.3. Die Erweiterung des Literaturverständnisses in der DDR
2. Stalinismus. Der blinde Fleck der Selbstreflexion
2.1. Anachronistischer Müller oder humanistische Substanz?
Kommunistischer Kulturpolitik im Meinungsstreit
2.2. Die Demokratikonzeption der deutschen sozialistischen
Schriftsteller und der Bolschewismus
2.3. Die Bolschewisierung der Literatur
3. Der deutsche Idealismus
'Alp auf dem Gehirne' der DDR-Germanisten
3.1. Der Streit ums literarische Erbe
3.2. Realismus und deutscher Idealismus
3.3. Schönheit, Marxismus und DDR
Literaturverzeichnis