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Der aus Freinsheim stammende Hermann Sinsheimer (1883-1950) zählt zu den bedeutendsten jüdischen Intellektuellen des späten Kaiserreichs und der Weimarer Republik. 1924 wurde er Chefredakteur der satirischen Zeitschrift Simplicissimus in München und verhalf dieser zu neuem Ansehen. Nach fünfJahren wechselte er dann in das Feuilleton des Berliner Tageblatts, wo er neben Alfred Kerr Kritiken und Betrachtungen zu den Berliner Kulturereignissen schrieb. Als Kerr im Februar 1933 fluchtartig Deutschland verlassen musste,übernahm Sinsheimer sein Amt. Im September 1933 wurde er entlassen. Sinsheimer lebte noch bis 1938 in Berlin, schrieb für jüdische Zeitschriften und arbeitete an seinem Buch Shylock, das er mit ins englische Exil nahm und dort veröffentlichte. Die Niederschrift seiner Autobiografie Gelebt im Paradies erfüllte seine letzten Jahre.Gelebt im Paradies bildet den Auftakt einer von Deborah Vietor-Engländer herausgegebenen dreibändigen Werkausgabe (Band 2: Herbst2013, Band 3: Frühjahr 2014). Sinsheimer erzählt vom Leben in der Pfalz, in München und Berlin, gibt Porträts seiner Zeitgenossen von Erich Mühsam bis Joachim Ringelnatz, von Frank Wedekind bis Alfred Kerr. Der Band zeugt von jenem anderen einstigen Deutschland, das man nach 1945 wiederzufinden versuchte. Gelebt im Paradies erschien erstmals 1953, jedoch mit zensiertem und verkürztem Text. So bringt unsere neue Ausgabe ein fast neues Buch, das dem Autor endlich gerechtwird und das in die Reihe der wichtigen Erinnerungsbücher aus der Zeit des Exils gehört. Gelebt im Paradies ist der Beginn einer neuen Bekanntschaft.
Über den Autor / die Autorin
Hermann Sinsheimer (1883-1950) geboren und aufgewachsen in Freinsheim, studierte in München, Würzburg und Berlin Rechtswissenschaft. Den ungeliebten Brotberuf des Juristen gab er aber schon nach wenigen Jahren auf. Er begann eine erfolgreiche Karriere als Schriftsteller, Journalist, Film-, Literatur- und Theaterkritiker. Als Jude konnte auch Hermann Sinsheimer nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 seinen Beruf in Deutschland nur noch sehr eingeschränkt ausüben. 1938 ging er schließlich nach London ins Exil, wo er bis zu seinem Tod lebte.
Deborah Vietor-Engländer, geboren, aufgewachsen und studiert in London. Nach dem Examen Tätigkeit für BBC German Service und die Fontane-Briefausgabe. Dozentin an den Universitäten Saarbrücken und Darmstadt. Langjährige Vorsitzende der Internationalen Arnold-Zweig-Gesellschaft. Mitglied des P.E.N. Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland.