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Der Ich-Erzähler unternimmt eine Fahrt in die Vergangenheit, die in einem anderen Land liegt. In Gegenrichtung wird befahren, was einmal Flucht war. Der Text ist der Versuch, sie auf ihren Anfangspunkt zurückzuführen.
Drei Anläufe nimmt die Erinnerung, drei verschiedene Geschwindigkeiten hat der Text.
Da ist der Geburtsort, ein Pfarrhaus in Polen, daneben die Stelle, wo ein Bruder beim Schlittenfahren ums Leben kam - der Bruder, ohne dessen Tod weder Flucht noch Erinnerung noch eigenes Leben denkbar sind. Hier ist es, wo der Krieg hereinbrach, wo es geschehen ist: der Sturz zweier Familien, einer polnischen und einer deutschen, in Feindschaft, die Schicksal wird. Da ist der Bannkreis der Großfamilie des Vaters bei Lodz, wo das Leben stehen zu bleiben scheint, in den Familienfesten am Fuße des Streuselkuchenbergs, während die Katastrophe schon am Horizont heraufzieht. Und dann, rasch abrollend, die Flucht, Januar 1945. Die Erinnerung bleibt zwischen dem Erwachsenen, der sich erinnert, und dem Kind, das er einmal war, in der Schwebe.
Der Erwachsene begreift, dass er das Kind nicht freisetzen kann aus seinem Bewusstsein. Aber das Hören und Sehen des Kindes färbt auf ihn ab und bleibt beharrlich wehmutslos.
Über den Autor / die Autorin
Dietrich Krusche, geboren 1935 in Rypin/Polen, war Lektor für Deutsch an der University of Ceylon und an der Universität von Okayama in Japan und von 1981 bis 1997 Professor für interkulturelle Literaturvermittlung an der Universität in München. Er ist seit 1995 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Seit 1997 lebt er in Südfrankreich. Zahlreiche Veröffentlichungen.