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Das Wort "Liebesgeschichte" verführt dazu zu meinen, es handle sich um eine Geschichte von und über die Liebe, die ihr Versprechen einlöst, mit allem nur denkbaren Glück, mit allen nur denkbaren Erfüllungen. Und unter den Heerscharen von Liebesgeschichten, die geschrieben wurden und noch geschrieben werden, gibt es sie: die überaus glücklichen, die verzaubernden. Doch nicht nur dies ist Liebe. Auch ihr Scheitern handelt von ihr, die Erkenntnis einer Täuschung; ja, sie wird zu ihrem Gegenteil, wenn sie nach allen Regeln des Betrugs hintergangen wurde, als sei sie es nicht wert, ernst genommen zu werden. Es gibt die Liebe, die einen Augenblick währt, und die, die über den Tod des einen hinaus den anderen nicht freigibt. Und gibt es keinen Ausweg? "Gibt es gar kein Heilmittel gegen das fatale Gebreste?" fragt Heinrich Heine. Nein, einen Ausweg gibt es nicht. Darum wird der Mensch allzeit und immer wieder vom Schwindel ergriffen werden, ob er nun stürzt oder nicht. Die Liebesgeschichten Beweisen es. U. a. von Bertolt Brecht, Hermann Hesse, James Joyce, Robert Walser, Adolf Muschg, Paul Nizon, Guy de Maupassant, Edgar Allan Poe, Marieluise Fleißer, Marie Luise Kaschnitz, Katherine Mansfield, Clarice Lispector oder Patricia Highsmith.
Info autore
Elisabeth Borchers, geboren 1926 in Homberg am Niederrhein, floh ins Elsass und lebte dort während des zweiten Weltkriegs. Nach dem Krieg lebte sie längere Zeit in den USA. Seit 1971 war sie Lektorin des Suhrkamp und des Insel Verlags. Seit 1989 ist sie Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Ihre Lyrik machte sie bekannt. Sie lebte und arbeitet in Frankfurt am Main. 1986 wurde sie mit dem Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg ausgezeichnet. Elisabeth Borchers verstarb 2013.
