Ulteriori informazioni
Als die sechzigjährige Lise Meitner 1938 Nazideutschland verlassen muß, hat sie nichts bei sich als einen kleinen Koffer und eine unstillbare Leidenschaft für die Physik. Geboren 1878 in Wien, darf sie als Frau zunächst weder Abitur machen noch studieren, doch 1901 kann sie sich als eine der ersten Studentinnen sterreichs für das Physikstudium einschreiben. Als junge Doktorandin geht sie nach Berlin. Dort trifft sie Otto Hahn, mit dem sie am Kaiser-Wilhelm-Institut zusammenarbeiten wird und mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verbindet. Aber auch hier begegnet sie Vorurteilen: Frauen sind an der Universität nur geduldet. Hahn unterstützt sie in ihrer Arbeit. Sie arbeitet ohne Bezahlung, akzeptiert dies aber klaglos, denn sie kann zum ersten Mal frei experimentieren und sich ganz der Erforschung jener physikalischen Probleme widmen, die sie faszinieren: Alpha- und Betastrahlung, Radioaktivität. Durch ihre Leistungen wird sie allm ählich in der Männerwelt der Forschung anerkannt, wird Mitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (der späteren Max-Planck-Gesellschaft) und erhält in den zwanziger Jahren schließlich eine Professur und ein eigenes Institut. Bis 1933 hat sie sich einen internationalen Ruf als Physikerin ersten Ranges geschaffen. Unter der Naziherrschaft jedoch verliert sie als Jüdin ihre Lehrbefugnis und darf nicht mehr publizieren. 1938 flieht sie über Holland nach Stockholm, wo ihr zwar eine Stelle am Nobel-Institut eingerichtet wird, sie aber ihre Versuche mangels Geld, Apparaten und Mitarbeitern kaum weiterführen kann. Trotzdem gelingt ihr im selben Jahr jene epochale Entdeckung, für die ihr allerdings der Ruhm versagt blieb. Acht Jahre später, 1946, erhält Otto Hahn, der in Berlin geblieben war, allein den Nobelpreis für die Entdeckung der Kernspaltung, während sie, die das Rätsel gelöst hat, unbeachtet bleibt. Lise Meitner stirbt am 27. Oktober 1968 in Cambridge, wenige Tage vor ihrem neunzig sten Geburtstag. Ruth Lewin Sime hat die Briefe und persönlichen Dokumente Lise Meitners sowie bislang unveröffentlichtes Material aus verschiedenen Archiven gesichtet und das Porträt einer Frau und Wissenschaftlerin entworfen, deren Schicksal mit den politischen Ereignissen des Jahrhunderts eng verknüpft ist.