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Wann ist ein Zivilgericht an unwahren Tatsachenvortrag der Parteien gebunden und wann nicht? Anlass und Ausgang dieser Arbeit ist ein jüngerer Fall des Kammergerichts, in dem die Parteien eines Werkvertrags um die Vergütung stritten, aber - anscheinend wahrheitswidrig - unstreitig stellten, keine gegen
134 BGB verstoßende Ohne-Rechnung-Abrede getroffen zu haben.Der Autor untersucht mit Blick auf die Kodifikationsgeschichte des 19. Jahrhunderts und das Unionsrecht die verschiedenen prozessualen Vehikel einer Tatsachendisposition auf ihre dogmatische Legitimation und Wirksamkeitsvoraussetzungen. Er streitet im Ergebnis wider die herrschende Ansicht für eine punktuelle Kongruenz von gerichtlichem und rechtsgeschäftlichem Geständnisrecht. Demnach hängt die Bindung des Zivilgerichts an unwahren Tatsachenvortrag davon ab, ob ein entsprechendes außergerichtliches 'disponierendes' Geständnis materiell-rechtlich wirksam wäre, soweit das Zivilprozessrecht keine 'lex specialis' enthält.
Sommario
EinleitungDas Phänomen der Tatsachendisposition - Diskussionsstand - Zielsetzung der Arbeit und Gang der Darstellung1. Zivilprozessrechtliche PerspektiveTatsachen - Parteiherrschaft2. Materiell-rechtliche PerspektiveMaterielle Gestaltungs- und Verfügungsbefugnis - Materiell-rechtliche Deutung von Tatsachendispositionen3. Prozesshandlungen und materielles RechtGrundlegendes - Einzelne Prozesshandlungen4. Eigene KonklusionMateriell-rechtliche Wirksamkeitsanforderungen - Konsistenz prozessualer und materiell-rechtlicher Privatautonomie - Prüfung durch das Gericht - Fallbeispiele zum VerbraucherwiderrufsrechtZusammenfassung der wesentlichen ErgebnisseLiteratur- und Stichwortverzeichnis
Info autore
Wenzel Kiehne hat an den Universitäten Heidelberg und Graz Rechtswissenschaft und Europäische Kunstgeschichte mit einem Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung studiert. Sein Referendariat legte er am Oberlandesgericht Hamburg samt einer Station am Obersten Gerichtshof in Wien ab. Seit 2020 war er für die Revisionskanzlei Rohnke Winter in Karlsruhe tätig. 2023 wurde er bei Professor Dr. Jan Felix Hoffmann an der Universität Freiburg promoviert. Im Anschluss absolvierte er ein LL.M.-Studium an der University of Chicago Law School mit einem Haniel-Stipendium der Studienstiftung des Deutsches Volkes. Seit 2024 ist er als Rechtsanwalt in der Sozietät Hengeler Mueller in Berlin tätig und wurde 2025 als Attorney-at-Law in New York zugelassen.
Relazione
»Insgesamt bietet die Dissertation eine umfassende Aufarbeitung der Fragestellung nach der Tatsachendisposition im Zivilprozess. Sie zeigt, wie ausgeführt, überzeugend und detaillierend die Ausstrahlung der materiell-rechtlichen Rechtslage auf die prozessuale zwingende Handhabung auf.[...] Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Problematik der prozessualen Umgehung zwingenden materiellen Rechts ist damit gelungen. Der wissenschaftlichen Arbeit ist daher eine weite Verbreitung in der zivilprozessualen Kommentarliteratur, insbesondere in den Großkommentaren, zu wünschen.« Prof. Dr. Andreas J. Baumert, in: Zeitschrift für Zivilprozess, Bd.138, 1/2025