Ulteriori informazioni
Diagnosen von Modernität treten nicht selten im Kleid von Beschleunigungsdiskursen auf. Ob von der "Tempogesellschaft", der "Gegenwartsschrumpfung" oder der "Verflüssigung des Raums" die Rede ist: immer ist es die Wahrnehmung einer beschleunigten Dynamik des sozialen Wandels, welche den Subtext für zeitdiagnostische Metaphern liefert. In diese Beschleunigungsmetaphern fliessen nicht zuletzt Erfahrungen des Lebensalltags ein, denn das ambivalente Gefühl, für viele Dinge im Leben keine Zeit mehr zu haben, obwohl wir gleichzeitig immer mehr Zeit zu gewinnen scheinen, unterfüttern jene Thesen, welche die Wahrnehmung von Beschleunigung als eine der konstitutiven Grunderfahrungen der Moderne darstellen. Mit dem vorliegenden Heft soll dieses Paradigma in historischer Perspektive problematisiert werden. Die versammelten Beiträge befassen sich unter anderem mit zeitlichen Klassifizierungspraktiken in der frühen Neuzeit, mit Beschleunigungsdiskursen und Zeiterfahrungen im 19. und 20. Jahrhundert, mit den spezifischen Eigen-Zeiten im Kontext kriegerischer Auseinandersetzungen sowie mit zentralen Temporalbegriffen wie Modernisierung oder Fortschritt.
Sommario
Schwerpunkt / Dossier thématiqueJuri Auderset, Andreas Behr, Philipp Müller: Einleitung. Beschleunigung und plurale Temporalitäten - Introduction. Accélération et temporalités pluriellesStefan Hanß: Eigene und fremde Zeiten im 16. JahrhundertWolfgang Kruse: Geschwindigkeit, Ordnung, Simultanität. Perspektiven auf Zeiterfahrung und Geschichtsbewusstsein in der ModerneTheo Jung: Beschleunigung im langen 19. Jahrhundert. Einheit und Vielfalt einer EpochenkategorieCarolin Matjeka: «You can see here the acme of modern progress». Popularisierung und Rezeption von Zeitwissen auf der «World's Columbian Exposition» 1893 in ChicagoSabine Mischner: Tagebuchschreiben als Zeitpraxis. Kriegstagebücher im Ersten WeltkriegRüdiger Graf: Totgesagt und nicht gestorben. Die Persistenz des Fortschritts im 20. und 21. JahrhundertJuri Auderset, Philipp Müller: Gebannte Beschleunigung. Rennautos, Fotografie und die Paradoxien der stillgelegten GeschwindigkeitPorträt / PortraitGregor Spuhler: 50 Jahre Archiv für ZeitgeschichteDokument / DocumentPascal Müller: Das «Livre d'Or». Ein Sammelsurium aus dem Leben der Künstlerin Mathilde de Weck (1870-1953)
Riassunto
Diagnosen von Modernität treten nicht selten im Kleid von Beschleunigungsdiskursen auf. Ob von der «Tempogesellschaft», der «Gegenwartsschrumpfung» oder der «Verflüssigung des Raums» die Rede ist: immer ist es die Wahrnehmung einer beschleunigten Dynamik des sozialen Wandels, welche den Subtext für zeitdiagnostische Metaphern liefert. In diese Beschleunigungsmetaphern fliessen nicht zuletzt Erfahrungen des Lebensalltags ein, denn das ambivalente Gefühl, für viele Dinge im Leben keine Zeit mehr zu haben, obwohl wir gleichzeitig immer mehr Zeit zu gewinnen scheinen, unterfüttern jene Thesen, welche die Wahrnehmung von Beschleunigung als eine der konstitutiven Grunderfahrungen der Moderne darstellen. Mit dem vorliegenden Heft soll dieses Paradigma in historischer Perspektive problematisiert werden. Die versammelten Beiträge befassen sich unter anderem mit zeitlichen Klassifizierungspraktiken in der frühen Neuzeit, mit Beschleunigungsdiskursen und Zeiterfahrungen im 19. und 20. Jahrhundert, mit den spezifischen Eigen-Zeiten im Kontext kriegerischer Auseinandersetzungen sowie mit zentralen Temporalbegriffen wie Modernisierung oder Fortschritt.