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Aufarbeitung einer schweren Kindheit
Dieser Roman hat einen schönen historischen Wert. Die Autorin greift in ihm die Thematik der sog. Schwabenkinder auf. Das sind die Tausende von Kindern verarmter Bauern aus Norditalien, die über drei Jahrhunderte hinweg bis Mitte des 20. Jahrhunderts von ihren Eltern für wenig Geld an Großbauern in Oberschwaben verkauft wurden, sich zu Fuß über die Alpen machten und auf den Höfen wie Sklaven arbeiten mussten. Die Protagonistin Edna ist ein solches Schwabenkind. In den 1930er Jahren schuftete sie in Ravensburg und sah sich neben der Arbeit Gewalt und Missbrauch ausgesetzt. Vom ersten Tag an ist Jacob mit dessen Papagei Emil ihr Freund, mit dem sie die gemeinsame Flucht plant, letztlich aber nur ihr allein gelingt. Als Hochbetagte entdeckt sie in einer Zeitschrift ein Foto von Jacob. Um eine ihr zeitlebens zu schaffen machende Schuld wiedergutzumachen, begibt sie sich zu Fuß mit Emil auf den schweren Weg zurück zu Jacob. Unterwegs erinnert sie sich an ihre Kindheit und macht hilfreiche Bekanntschaften.
Diese Mischung zwischen fiktiver Geschichte und historischem Kern berührt sehr und lässt die heutigen Leser, für die eine Kindheit wie Edna sie hatte, mitleiden. Während der historische Teil sehr realitätsgetreu dargestellt ist, ist die in der Gegenwart spielende Reise Ednas eindeutig als fiktiv erkennbar. Denn eine über neunzigjährige alte Frau, der auch bereits eine Demenzerkrankung bescheinigt ist, kann kaum zu Fuß mit einem Papagei im Marschgepäck einen Marsch von mehreren hundert Kilometern bewältigen. Sehr schön geschildert sind viele Begegnungen mit urigen, hilfreichen Menschen, von denen Edna jeweils Neues lernt.
Das Buch wirkt für mich irgendwie märchenhaft und lässt sich von allen Altersklassen lesen. -
Ein Roman, der das Herz berührt!
Der Roman "Als wir uns die Welt versprachen" von Romina Casagrande hat mich von den ersten Seiten an aufgrund der so wortgewandten und bildhaften Beschreibungen der Charaktere beeindruckt. Es fällt sehr leicht, sich in das Leben der Protagonistin Edna und der Menschen, die sie umgeben und denen sie begegnet, hinein zu träumen und mit ihnen Schmerz, doch auch Hoffnung zu fühlen. Dies ist nicht nur dem generell sehr angenehmen Schreibstil der Autorin, sondern auch den teils trockenen Sprüchen der Protagonistin zu verdanken. Auf die Liebe zum Detail in diesem Buch lassen schon auf den ersten Blick sowohl das Cover mit dem Mädchen und ihrem tiefgründigem Blick, als auch die Karte am Anfang des Buches schließen. Doch wovon handelt der Roman eigentlich?
Als "Schwabenkinder" wurden schon im 17. Jahrhundert und noch bis ins 20. Jahrhundert hinein jene Kinder bezeichnet, die etwa aus Tirol, der Schweiz und Liechtenstein aufgrund der Armut ihrer Familien hauptsächlich nach Schwaben für die Arbeit für wohlhabendere Familien vermittelt wurden. Mir war dieser Aspekt europäischer Geschichte vor dem Lesen des Buches gar nicht bekannt. Der vorliegende Roman handelt von dem Schicksal zweier Schwabenkinder, nämlich der heute 90-jährigen Edna mit ihrem Papagei Emil und Jacob. Edna begiebt sich im hochbetagten Alter auf eine Reise, um eine Schuld zu begleichen. Dabei begegnet sie verschiedenen Menschen. Im Roman werden die Gegenwart und die Vergangenheit von Edna geschickt miteinander verknüpft.
Für mich verdient dieses berührende Buch ganz eindeutig fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung! -
Ednas fantastische Pilgerreise
Es gibt Herzensdinge im Leben, die müssen noch in Angriff genommen werden, auch wenn das Leben fast zu Ende ist: Die fast 90jährige Edna verlässt ihr Haus mit gemütlichem Garten nur noch selten, schwelgt viel in der Vergangenheit. Dann liest sie wie immer ihre Zeitschrift und entdeckt auf einem Foto Jacob wieder. Mit ihm verbindet sie einen schmerzvollen, traumatischen Abschnitt im Kindesalter – beide waren verarmte Schwabenkinder, mussten weitab ihrer Heimat auf deutschen Bauernhöfen hart mitarbeiten und wurden auf „Viehmärkten“ begutachtet. Jacob hat seiner kleinen „Zimperliese“ Edna immer geholfen, ihre Freundschaft hat sie das Leid besser ertragen lassen – bis sie tragisch getrennt wurden und sich aus den Augen verloren haben. Nach den Blick in Jacobs Augen auf dem Foto steht für Edna fest: sie wird Jacob in Ravensburger Krankenhaus besuchen und hat sie sich dafür einen besonderen Weg ausgesucht: den harten über die Alpen, den sie schon als Schwabenkinder gegangen sind. Denn sie quält seit Jahrzehnten das schlechte Gewissen, will Buße tun: Sie glaubt, ein Versprechen gebrochen und Jacob im Stich gelassen zu haben.
„Aber dann, eines Tages, wenn man es am wenigsten erwartete, geschah etwas, was einen zurückbrachte. Und dann war es, als wäre man nie weg gewesen. Als zähle die ganze Zeit, die seit diesem Augenblick vergangen war, überhaupt nichts mehr.“ S. 141
Kurzerhand packt sie ihren kleinen Koffer und ihren geliebten Papagei Emil ein – (er stammt noch von Jacob aus der Schwabenkinder-Zeit), kramt eine sehr alte Landkarte von damals aus und wandert los, ohne zu wissen, wo sie übernachten kann und was sie zu Essen bekommt. Unterwegs passiert ihr allerhand Skurriles, Dramatisches und Berührendes – sie trifft auf die verschiedensten Menschen, die ihr helfen, von denen sie aber auch noch lernen kann und jeder geht aus den Begegnungen verändert weiter. Sie entwickelt schier unglaubliche Kräfte in ihrem Alter, um einem verloren geglaubten Versprechen nachzugehen. Und eventuell bleibt ihr nicht mehr viel Zeit. Unterwegs gehen ihre Erinnerungen und Gedanken kontinuierlich zurück in die Zeit auf dem Bauernhof und zu den bewegenden und traurigen Erlebnissen als Schwabenkind.
So komponiert die Autorin Romina Casagrande ihren szenischen Roman in zwei Zeitsträngen und packt allerhand menschliche Schicksale und bunte Charaktere auf der Reise in ihre Handlung. Die bildgewaltigen Naturbeschreibungen und die berührenden Rückblenden zusammen mit ein paar poetisch, nachdenklichen Sätzen sind schön herausgearbeitet. Der fast fantastisch anmutenden Pilgerreise der hochbetagten Edna in der Jetzt-Zeit fehlt es etwas an Glaubwürdigkeit und Authentizität – dafür gab es umso mehr Slapstick. Wer sich daran nicht stört, den erwartet ein emotionaler, leichtfüßiger und humorvoller Roman, der einen wichtigen und traurigen Teil der Geschichte rund um die Schwabenkinder miteinwebt und sehr menschlich ist. -
Langer Weg zurück
Edna ist fast 90, hat aber noch etwas auf ihrer Lebensagenda, das ihr keine Ruhe lässt und vor dem erzwungenen Eintritt ins Altersheim erledigt werden muss: In ihrer Kindheit hat sie zusammen mit Jacob ein Leid geteilt: Schwabenkinder, die aus armen Familien unter anderem von Südtirol auf deutschen Bauernhöfen zur harten Land- und Hausarbeit wie auf Viehmärkten „vermittelt“ wurden. Mit dem kleinen Jungen verbindet sie eine Freundschaft, aber auch Zusammenhalt in schweren Zeiten. Er stand immer zu ihr, der „Zimperliese“ – bis sich ihre Wege im Zweiten Weltkrieg trennten. Bepackt mit ihrem „Paradiesvogel“-Papagei Emil, einer Landkarte aus alten Tagen und ein paar Habseligkeiten macht sie sich auf den beschwerlichen, langen Weg nach Ravensburg – denn sie hat ein Foto von Jacob in einer Zeitschrift entdeckt. Da sie Gewissensbisse wegen damals plagen, schmiedet sie eine Pilgerreise der besonderen Art.
„Schließlich war ihr klargeworden, dass sie ihren eigenen Spuren folgen und genau denselben Weg zurückgehen musste, um zum Anfang zurückzukehren und den Faden neu aufzurollen. Jeder Strich auf der Karte, die sie als Mädchen gezeichnet hatte, musste nun auf dieselbe Weise ausradiert werden.“ S. 120
Unterwegs passieren Edna so einige Zwischenfälle, skurrile Begegnungen, Abenteuer, aber ihre Gedanken hängen sehr oft in der Vegangenheit – so unterteilt sich der Roman in zwei Zeitebenen: Edna auf ihrer Reise und die kleine Edna als Schwabenkind und ihre traumatischen Erlebnisse.
Romina Casagrande schreibt sehr atmosphärisch, emotional und an manchen Stellen sogar poetisch – einige kleine Sätze haben mir in ihrem feinen Nachklang gefallen. Doch die gesamte Geschichte konnte mich leider nicht bis zum Ende packen, da ich diese harte Reise über die Alpen einer 90-jährigen Frau nicht zutraue. Daraus hätte man sicherlich etwas Packendes à la der Hundertjährige stricken können, doch Ednas Erlebnisse waren mir etwas zu unauthentisch, oberflächlich und albern. Trotzdem ein schöner, flüssiger Roman, der wichtige historische Ereignisse bespricht und gerade an diesen Stellen sehr betroffen macht. -
Berührend menschlich
Edna ist hochbetagt und lebt zusammen mit dem fast gleichaltrigen Papagei Emil in Südtirol. Sie lebt allein in ihrem Haus und beschäftigt sich fast nur mit ihrem Garten und dem wöchentlichen Lesen der Zeitschrift Stern. Adele, die im Ort einen kleinen Laden besitzt, versorgt sie mit Lebensmitteln. Zusammen mit ihrem Mann Max versuchen sie, die alte Dame in ein Seniorenheim zu bringen. Adele, weil sie sich ernsthaft Sorgen um Edna macht. Max, nicht ganz uneigennützig, denn Edna hat viel Geld geerbt. Da entdeckt Edna in einer Zeitschrift das Bild von Jacob, der einen Unfall hatte. Und sie entdeckt darin ihren Jugendfreund, der mit ihr zusammen auf einem schwäbischen Bauernhof schwerste Arbeit verrichten musste. Sie beschließt, sich auf den Weg zu Jakob zu machen, um ein altes Versprechen einzulösen…
Die Geschichte ist zu tiefst berührend und menschlich. Sie wird in zwei Zeitebenen erzählt. Aktuell geht es um Edna und Emil, die sich auf den Weg nach Schwaben begeben. Dabei nutzt Edna eine uralte Karte von früher und hält sich so nah wie möglich an diesen alten Plan. Das kann natürlich nicht funktionieren, denn einerseits hat sich vieles in den vielen Jahren verändert, andererseits verliert Edna gleich zu Beginn ihrer Reise die Papiere und das Geld. So ist sie darauf angewiesen, dass ihr unterwegs Menschen helfen. Das passiert auch immer, auf sehr unterschiedliche Art und Weise. So lernt sie viele Leute kennen und erzählt dabei auch die Geschichte der Schwabenkinder. Unter welchen unmenschlichen Bedingungen sie arbeiten mussten, wie sie von ihren Familien aus Not verkauft wurden, wie sie oft missbraucht und misshandelt wurden. Das waren furchtbare Zustände. Das Buch beschreibt sie sehr eindrücklich und sehr stark. Man darf das einfach nicht vergessen. Gleichzeitig gibt es Buch auch Hoffnung. Ein uraltes Versprechen wird eingelöst, dabei geht es um Werte wie Freundschaft, Tierwohl oder Erhalt der Natur. Mir hat das Buch sehr gut gefallen.
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