Read more
In diesem Dialog mit einer literarischen Figur, dem Ehemann der »Madame Bovary« von Flaubert, geht es Améry um die soziale und ästhetische Ehrenrettung des verkannten Individuums, des bürgerlichen Subjekts. Es ist eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Sartres Flaubert-Interpretation, wie sie in dem Monumentalwerk »Der Idiot der Familie « entwickelt wird - ja mehr noch: Es ist der Versuch der endgültigen Loslösung vom bewunderten intellektuellen Vorbild.
Diese Zusammenhänge, die ins Zentrum des philosophischen und ästhetischen Denkens von Améry führen, werden in diesem Band erstmals eingehend dargestellt. Texte zu Sartre und Flaubert begleiten den Anmerkungsteil. Deutlich wird, welch hohen Anspruch Améry mit diesem Buch (und seinem öffentlichen Erfolg) verband und welchen Stellenwert es für Améry als literarischen Autor hat.
List of contents
Charles Bovary, Landarzt
Portrat eines einfachen Mannes 7
Aufsätze zu Flaubert und Sartre 187
In die Welt geworfen
Jean-Paul Sartre (1955) 189
Die Wörter Gustave Flauberts
über Jean-Paul Sartres » L'ldiotdelafamille « (1971) 198
Die Stunde des Romans
Zum 150. Geburtstag des »Meisters der Bovary« (1971) 225
Sartre: Größe und Scheitern (1974) 238
Anhang 267
About the author
Hanjo Kesting, geb. 1943, Studium der Philosophie, Geschichte und Literatur in Köln, Tübingen und Hamburg. Seit 1969 beim Norddeutschen Rundfunk. Dort seit 1973 Leiter der Redaktion Kulturelles Wort. Gründete 1977 die Reihe 'Autoren lesen', 1981 das Kulturjournal 'Texte und Zeichen'.
Jean Amery wurde am 31.10.1912 in Wien geboren, absolvierte eine Buchhändlerlehre und studierte Philosophie und Literatur. 1938 emigrierte er nach Belgien, wo er 1943 als Mitglied der Widerstandsbewegung verhaftet und ins KZ Auschwitz deportiert wurde. Nach 1945 lebte er in Brüssel als freier Schriftsteller und Rundfunk-Mitarbeiter.
Jean Amery erhielt unter anderem den Deutschen Kritikerpreis (1970), den Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1972) und den Lessingpreis der Stadt Hamburg (1977).
Am 17. Oktober 1978 hat Jean Amery in einem Salzburger Hotel den Freitod gewählt.
Irene Heidelberger-Leonard, geboren 1944 in der Emigration in Frankreich. Professorin an der Universite Libre de Bruxelles. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Jean Amery und zur zeitgenössischen Literatur, u. a. zu Günter Grass, Alfred Andersch, Jurek Becker, W. G. Sebald.
Summary
In diesem Dialog mit einer literarischen Figur, dem Ehemann der »Madame Bovary« von Flaubert, geht es Améry um die soziale und ästhetische Ehrenrettung des verkannten Individuums, des bürgerlichen Subjekts. Es ist eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Sartres Flaubert-Interpretation, wie sie in dem Monumentalwerk »Der Idiot der Familie « entwickelt wird - ja mehr noch: Es ist der Versuch der endgültigen Loslösung vom bewunderten intellektuellen Vorbild.
Diese Zusammenhänge, die ins Zentrum des philosophischen und ästhetischen Denkens von Améry führen, werden in diesem Band erstmals eingehend dargestellt. Texte zu Sartre und Flaubert begleiten den Anmerkungsteil. Deutlich wird, welch hohen Anspruch Améry mit diesem Buch (und seinem öffentlichen Erfolg) verband und welchen Stellenwert es für Améry als literarischen Autor hat.
Report
"Im August 1978 erschien Jean Amérys letztes Buch, Charles Bovary, Landarzt , im Oktober 1978 nahm sich der Autor in einem Hotel in Salzburg das Leben. Das schmale Werk enthält einen der furiosesten Windmühlenkämpfe der jüngeren Literaturgeschichte: Améry rannte darin als Erzähler gegen den Roman Madame Bovary an, und er forderte zugleich als Kritiker und Essayist den großen Gustave Flaubert in die Schranken eines Prozesses. Améry war in diesem Prozess Ankläger, Revisionsanwalt und Kronzeuge in Personalunion. ... Kesting hat nicht nur ein umfangreiches, informatives Nachwort verfasst, er hat zugleich die Entstehungsgeschichte des Buches umfassend dokumentiert. Vom Exposé Charles Bovary, Landarzt (1976) über die Korrespondenz des Autors mit seinen Redakteuren beim NDR und im Merkur bis zum imaginären Selbstverriss. Hier wird greifbar, wie früh Améry mit Lesern konfrontiert war, die seinen Windmühlenkampf als solchen erkannten und wie störrisch er seinem Projekt treu blieb: der Veteidigung des Citoyen noch im unscheinbarsten aller Bürger des 19. Jahrhunderts." Lothar Müller, Süddeutsche Zeitung, 23.11.2006