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Vom ländlich-feudalen Dänemark in die Großstadt Paris gekommen, sieht sich der junge Dichter Malte Laurids Brigge mit Sinneseindrücken überhäuft. Leitmotivisch bewegt sich die Figur zwischen »sehen« und »fürchten«, wobei es Rilke gelingt, die »décadence«-Motivik in eine bis dato unbekannte sprachliche Intensität zu fassen. Sein Tagebuchroman stellt einen Meilenstein der europäischen literarischen Moderne dar. Er sprengt die Grenzen des Handlungsromans und verlegt die Spannung ins Innere seiner Figur. Damit hat Rilke, noch vor Joyce, Proust oder Kafka, mit seinen 1910 publizierten 'Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge' den modernen Roman begründet und wirkte stilbildend auf die Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
About the author
Rainer M. Rilke (1875-1926), der Prager Beamtensohn, wurde nach einer erzwungenen Militärerziehung 1896 Student, zuerst in Prag, dann in München und Berlin, weniger studierend als dichtend. Die kurze Ehe mit der Bildhauerin Clara Westhoff in Worpswede löste er 1902 auf. Er bereiste darauf Italien, Skandinavien und Frankreich. In Paris schloß er Bekanntschaft mit Rodin und wurde dessen Privatsekretär. Bereits nach acht Monaten kam es zum Bruch. Es folgten unstete Jahre des Reisens mit Stationen in verschiedenen Städten Europas. Nach seinem Entschluß zur Berufslosigkeit und zu einem reinen Dichterdasein war Rilke zu jedem Verzicht bereit, wenn es dem Werk galt. Er opferte sein Leben seiner Kunst und gewann Unsterblichkeit, indem er unerreichte Sprach- und Kunstwerke schuf.§Im Ersten Weltkrieg war er zur österreichischen Armee eingezogen, wurde aber aufgrund seiner kränklichen Konstitution in das Wiener Kriegsarchiv versetzt. Rilke starb nach langer Krankheit in Val Mont bei Montreux.
Prof. Dr. Joseph Kiermeier-Debre ist Leiter des Antoniter-/Strigelmuseums und der MEWO Kunsthalle in Memmingen, Dozent für Neuere deutsche Literatur an der Universität München und Autor und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen.