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"Meine Hand näherte sich dem Wasserhahn, spüre es nicht, sehe aber, daß meine Hand den Hahn aufdreht und das Wasser kommt. Hore es nicht, obwohl ich weiß, daß ich das Plätschern hören müßte, sehe es aber. Und wenn ich hier im Badezimmer am Waschbecken stehe, dann ist da der Spiegel, und im Spiegel kann ich nachschauen, mich betrachten. Gesicht im Spiegel. Bleich, zerzaust. Dunkle Gräben, Falten. Ohne jeden Zweifel mein Gesicht, dermaßen bekannt: und doch ist da etwas Unsicheres, als sei es gar nicht mein Gesicht, denn ich suche vergeblich, sehe die Augen nicht, nur die Falten und Furchen, die Gesichtsformen verbiegen sich, finde aber die sich selbst suchenden Augen nicht..."
About the author
Péter Nádas, geb. 1942 in Budapest, ist einer der bedeutendsten europäischen Erzähler. Er wurde u.a. mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur, dem französischen Prix du Meilleur Livre Étranger und dem Leipziger Bucpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet. Péter Nádas lebt in Budapest und Gombosszeg.
Christina Viragh, geboren 1953 in Budapest, emigrierte 1960 in die Schweiz und lebt heute in Rom. Sie ist Schriftstellerin und übersetzt aus dem Ungarischen und Französischen. 2012 wurde sie mit dem Hauptpreis des Europäischen Übersetzerpreises Offenburg für ihre Übersetzungen aus dem Ungarischen ausgezeichnet.
Summary
„Meine Hand näherte sich dem Wasserhahn, spüre es nicht, sehe aber, daß meine Hand den Hahn aufdreht und das Wasser kommt. Hore es nicht, obwohl ich weiß, daß ich das Plätschern hören müßte, sehe es aber. Und wenn ich hier im Badezimmer am Waschbecken stehe, dann ist da der Spiegel, und im Spiegel kann ich nachschauen, mich betrachten. Gesicht im Spiegel. Bleich, zerzaust. Dunkle Gräben, Falten. Ohne jeden Zweifel mein Gesicht, dermaßen bekannt: und doch ist da etwas Unsicheres, als sei es gar nicht mein Gesicht, denn ich suche vergeblich, sehe die Augen nicht, nur die Falten und Furchen, die Gesichtsformen verbiegen sich, finde aber die sich selbst suchenden Augen nicht…“