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"briefe tonbänder schwappend um die/ füße. hier stand er schon einmal &/ war das meer: eine schablone." Sechs Jahre liegen zwischen Katharina Schultens Debütband und ihrer zweiten Sammlung "gierstabil". Die mit dem Georg K. Glaser Förderpreis ausgezeichnete Berliner Dichterin ist eine Meisterin der Vermischung naturwissenschaftlicher und biologischer Bildwelten mit sprachreflexiven Gegenwartskontemplationen. Gierstabilität bezeichnet zunächst einmal den Umstand, dass ein Fahrzeug sich ohne weitere Steuerung in der Tendenz geradeaus bewegt. In "gierstabil" bewegt sich die Dichterin durch den Assoziations- und Sprachgebiete der Gegenwart. "ich ist kopistin. legt akut was ihm der körper über-/setzt als files im innern ab. für ordner: austarierte/ zugriffsrechte. disclaimer: bei jungsikonen muß/ man sich bewerben bis man sie herunterladen darf." Die uns in allen Medien und Objekten der Alltagskultur umgebende englische Sprache wird dabei auf besondere Weise inszeniert: Skepsis und Neigung halten sich die Waage. Dabei sind die Gedichte Katharina Schultens spielerisch außer Kontrolle geratende Sprachgebilde, die stets auch typographisch auf der Suche nach einer Ausrichtung, einem Kurs sind. Was experimentell anmuten mag, ist zugleich fest verbunden mit der lyrischen Tradition. Eines der Leitmotive der Gedichte ist dabei die Liebe und ihre Unmöglichkeit. Wie kann das gehen, Lieben heute im Zeitalter da alles -Post ist: Postfeministisch, Post-Postmodern, post-dekonstruktivistisch? Diese neuen Gedichte sind zugleich das suchende Fegen in Scherben wie die Betrachtung ihrer Aufwirbelung.
About the author
Katharina Schultens, geboren 1980 in Kirchen an der Sieg, studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Von 2001 bis 2002 setzte sie ihr Studium in den USA und von 2003 bis 2004 in Bologna fort. Ihre Texte wurden in verschiedenen Anthologien veröffentlicht, unter anderem im Jahrbuch für Literatur, Bella triste und Kritische Ausgabe. 2007 wurde ihr der Georg K. Glaser Förderpreis zugesprochen und 2015 der "Spycher: Literaturpreis Leuk" verliehen.