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About the author
Günter Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig geboren, absolvierte nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft eine Steinmetzlehre, studierte dann Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf und Berlin. 1956 erschien der erste Gedichtband mit Zeichnungen, 1959 der erste Roman 'Die Blechtrommel'. 1965 erhielt der Autor den Georg-Büchner-Preis, 1994 den Karel-Capek-Preis. 1999 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen und 2009 wurde er zum Ehrenpräsidenten des P.E.N. ernannt. Günter Grass starb am 13. April 2015 in Lübeck.
Summary
Ein frostklirrender Dezembertag, die Luft ist erfüllt vom
Picken der Mauerspechte. Zwei alte Männer nähern sich,
von der Leipziger Straße her, dem Potsdamer Platz, queren
die offene Grenze und wenden sich nach rechts, in Richtung Brandenburger
Tor, an der durchlässig gewordenen Mauer entlang. Berlin
1989, Wendezeit.
Zwei alte Männer, der eine groß und hager, der andere
klein, gedrungen, der eine weit ausschreitend, mit Spazierstock
und wehendem Schal, der andere tippelnd, mit prall gefüllter
Aktentasche, ein ungleiches, ein komisches Paar: Theo Wuttke,
einst Vortragsreisender im Dienste des Kulturbunds, nun Aktenbote
im Haus der Ministerien, und sein "Tagundnachtschatten"
Hoftaller, Agent, Spitzel und Nothelfer in einer Person und in
wechselnden Diensten. Im Paternoster des pompösen Gebäudes,
in dem sie seit Jahrzehnten ein und aus gehen - einst Görings
Reichsluftfahrtministerium, dann Haus der Ministerien der DDR
und schließlich Sitz der von Bonn installierten Treuhand
-, tauschen sie Akten und Erkenntnisse aus. "Wir können
auch anders!" heißt Hoftallers Zauberwort, wenn Wuttke
nicht will.
Zwei alte Männer, die eines gemeinsam haben: Beider Erinnerungen
reichen über große Distanzen, beide leben Vorgängern
nach, beiden ist Vergangenheit so nahe und gegenwärtig wie
die sich überstürzenden Tagesereignisse.
Deutschland zwischen Mauerfall und Vereinigung, zwischen Jubel
und anhaltendem Katzenjammer: In seinem weit ausgreifenden neuen
Roman beschreibt Günter Grass diese Spanne aus überraschender
Sicht, indem er die Vorgänge und Ereignisse, deren Zeugen
wir eben waren, mit ihren Vorläufern, ihren Vorgeschichten
verknüpft: Episoden von verheißungsvollen Aufbrüchen
und elendem Scheitern, von unverdientem Glück und verpaßten
Gelegenheiten, von Kriegen und Verbrechen, von Kleinmut, Korruption
und kläglichem Verrat. Aus der Gegenüberstellung ungewöhnlicher
Lebensläufe und politischer Verläufe entsteht ein Panorama
deutscher Geschichte zwischen der Märzrevolution von 1818
und unseren Tagen, eine jede Chronologie sprengende Folge farbiger
Bilderbogengeschichten von einst und jetzt.