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About the author
Yang Lian (geboren am 22. Februar 1955 in Bern) wurde nach Abschluss der Mittelschule 1974 aufs Land verschickt. Nach seiner Rückkehr einige Jahre später schloss er sich 1979 der Zeitschrift "Jintian" an. 1980-83 begann er, im chinesischen Hinterland herumzureisen und sein Wissen über die ursprünglichen Orte chinesischer Zivilisation zu sammeln. Sein herausragendstes Gedicht aus dieser Zeit ist "Nuorilang". Es wurde in der "Kampagne gegen geistige Verschmutzung" (1983/84) so heftig kritisiert, dass er in den Folgejahren in China nichts mehr publizieren konnte. Zum Zeitpunkt des Tiananmen-Massakers 1989 weilte er auch im Ausland, wurde aber seitdem von der Regierung als persona non grata deklariert. Heute lebt er in London als freischaffender Künstler.
Summary
Yang Lian ist ein chinesischer Dichter der von der Kulturrevolution
geprägten Generation. Er entstammt einer alten Mandarin-Familie
und hat trotz aller Versuche der den Intellektuellen gegenüber
mißtrauischen Kommunisten die überlieferten chinesischen
Traditionen über die stürmische Zeit hinübergerettet.
Seine Themen sind die Wurzeln der chinesischen Geschichte und
die Eigenarten des Volkes der Mitte.
Er sucht Schauplätze auf wie den alten Sommerpalast, in dem
die Kaiser der letzten Dynastie nordwestlich von Peking lebten
und der durch eine englisch-französische Strafexpedition
im 19. Jahrhundert zerstört worden ist. Er läßt
sich von Ruinen inspirieren, wie der großen Wildganspagode,
einem Tempel aus der Tang-Dynastie in der Nähe der Stadt
Xian, der alten Hauptstadt Chinas. Er sucht nach Spuren der chinesischen
Identität in Banpo, einem Dorf aus der Jungsteinzeit, dessen
Grundmauern zu besichtigen sind.
Diese drei Orte dienen ihm als Ausgangspunkt für lyrisch-epische
Gemälde des chinesischen Lebens, das sich in seinen Tiefenstrukturen
nach Yang Lians Urteil bis heute nicht geändert hat. So
wird eine Vergangenheit von fünf Jahrtausenden auf zugleich
geheimnisvolle und dramatische Weise in seinen Gedichten lebendig.
Seine Gedichte gehören, nicht nur wegen ihrer Länge,
in das Genre der epischen Dichtung, die wort- und bilderreiche
Sprache wie die Wahl von historischen und philosophischen Themen
prägen den erzählenden Charakter dieser Texte. Yang
Lian macht Sinnverlust und Sinnsuche zum Gegenstand seiner Dichtung,
einer Dichtung, die in hohem Maß einen wichtigen Beitrag
zur Widerlegung von überholten und zur Erhaltung von bleibenden
und überzeugenden geistigen Werten darstellt. Auf dem notwendigen
Umweg über die Vergangenheit findet Yang Lian zu einer zeitgemäßen
Aussage, Geschichte ist der Hintergrund, vor dem sich der Gegenwartsbezug
seiner Kunst verstehen läßt. in diesem Sinne ist er
ein dem Heute verpflichteter Autor, der sich mit seinen westlichen
Kollegen im Strom der Poesie vereint weiß.
Yang Lian gehört zu den Idolen der chinesischen Studenten,
die die dunklen Seiten seiner Lyrik bewundern und ihn unter die
sogenannten "obskuren Dichter" einreihen, die es auch
im China früherer Jahrhunderte immer wieder gegeben hat.
Die vorliegende erste deutsche Übersetzung dreier seiner
Gedichtzyklen entstand in gemeinschaftlicher Arbeit von Huang
Yi, einem jungen chinesischen Germanisten und Historiker, und
Albrecht Conze, dem früheren Kulturattaché an der
Deutschen Botschaft in Peking.