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Geschichte einer Republikflucht
Im Sommer 1983 unternahmen die Geschwister Michael und Dorothea aus Dresden, beide Musiker, zusammen mit Dorotheas Mann und einem befreundeten Kunststudenten einen Fluchtversuch. Sie wollten während einer Ferienreise zu Fuß über die bulgarische Grenze nach Jugoslawien. Eltern und Freunde wussten nichts davon. Der Versuch scheiterte. Anfang 1984 wurden sie zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt und um die Jahreswende 1984/85 von der Bundesrepublik freigekauft.
Was brachte junge Menschen mit, wie es schien, guten Aussichten in der DDR dazu, das Risiko einer Republikflucht auf sich zu nehmen? Wie erlebten sie das Scheitern? Wie kamen sie im Gefängnis zurecht, als »Politische« unter Kriminellen? Der DDR-Alltag außerhalb und innerhalb der Gefängnisse und eine gescheiterte Flucht, erzählt aus der Perspektive von Schwester, Bruder und Mutter, die in Dresden zurückblieb.
About the author
Michael Proksch, geboren 1958, studierte Klavier an der Musikhochschule in Dresden, setzte nach der Ausbürgerung seine Klavier- und Kompositionsstudien in Genf, München und Berlin fort und ist heute freiberuflicher Komponist und Pianist. Er gab Konzerte im In- und Ausland, war 2006 "Composer in Residence" der Klassik Stiftung Weimar und 2007 Preisträger im Kompositionswettbewerb des Tonkünstlerverbandes. Er komponierte Musik für Bühnenprojekte, Hörbücher und Filmproduktionen und veröffentlichte Werke zur Klavierdidaktik.
Report
"Ergänzt durch die Erinnerungen der Mutter entsteht aus drei verschiedenen Perspektiven eine dichte, bewegende Schilderung jener Monate. Bei allen Erkenntnissen, die Historiker mittlerweile über die DDR ans Tageslicht gefördert haben: Häufig sind es gerade jene persönlichen Berichte, die wichtige Einblicke in das Innenleben dieser Diktatur ermöglichen. Wie Menschen nicht erst an äußeren Umständen wie verweigerter Reisefreiheit verzweifeln, sondern schon im Stillen, im Täglichen sich beugen müssen, an der Resignation leiden, die alle Zuversicht nimmt. Das packende Buch wirft zugleich ein Licht auf das nach wie vor umstrittene 'System Vogel' - das über den Ostberliner Anwalt Wolfgang Vogel eingefädelte Freikaufen von politischen Häftlingen aus der DDR. Der Westen ließ sich aus humanitären Erwägungen auf diesen Menschenhandel ein. Und ließ der SED auf diese Weise Milliarden zufließen."
Carsten Dieppel, Rheinischer Merkur 29.07.2010