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Die Krise hat auf die Politik wie ein Ermächtigungsgesetz gewirkt: Der politische Kopf des Staates soll reparieren, was sein ökonomischer Arm angeblich angerichtet hat.
Doch auf der Rückseite der Krise sind ihre politischen Ursachen zu erkennen. Sie liegen im Utopischen Sozialdemokratismus, dem Glauben an die Große Synthese von Kapitalismus und Sozialismus im Zeichen von Wohlstand und Gerechtigkeit.
Dieser Utopische Sozialdemokratismus wird derzeit von Jürgen Rüttgers und Horst Seehofer erfolgreicher vertreten als von Franz Müntefering und Peer Steinbrück.
Während die Wirtschaft mit Realitäten zu tun hat, nährt die Politik Wunschvorstellungen und bringt Heerscharen von Wunscherfüllungsgehilfen und Schutzengeln hervor, die ihre Aufgabe darin sehen, demokratisch legitimiert wunschgemäß schützend einzugreifen.
Mehrheiten wollen sie gewinnen, indem sie die eigenen Unwahrheiten attraktiver machen als die der anderen und Eiertänze mit Spiegelfechtereien kombinieren.
Das ist politischer Kitsch. Im großen Staatstheater spielt man das Stück "Moral gegen Kommerz", und die Politik tritt auf als Retterin in einer Not, die sie selbst herbeigeführt hat.
About the author
Johann Prossliner, geboren 1941 in Südtirol, war Dozent am University College London und an der Universität München, bevor er als freier Lektor, Essayist, Kritiker und Übersetzer in Niederbayern ansässig wurde. Die Mehrzahl seiner Arbeiten - darunter eine Goethe-Bildbiographie - hat er unter anderem Namen veröffentlicht.