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Auch wenn die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise die Zukunft der internationalen - nanzmärkte verdunkelt hat und zu erwarten ist, dass die Regierungen weltweit wieder stärker in ihre Funktionsfähigkeit eingreifen werden, so haben doch die Veränderungen der letzten zwanzig Jahre derart tiefgreifende Spuren hinterlassen, dass an eine Rü- kehr in die Zeiten der alten, obrigkeitlich gesteuerten Finanzmärkte nicht mehr zu denken ist. Denn die derzeit modische Kritik an den vermeintlichen Übertreibungen der internationalen Finanzmärkte und der mangelnden moralischen Qualifikation ihrer Akteure kann ja nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Strukturwandel der inter- tionalen Kapital- und Finanzmärkte in den vergangenen Jahrzehnten sich keineswegs der Gier und Habsucht der Banker verdankte, sondern selbst Teil und Motor des wi- schaftlichen Globalisierungsprozesses war, von dem er ebenso profitierte wie er ihn förderte. Auch die inhärente Tendenz zu spekulativen Übertreibungen und Krisen ist im Grunde nichts Ungewöhnliches, so sehr man im Einzelnen Fehlverhalten zu Recht beklagen mag. Im Kern des Strukturwandels liegt dieses Fehlverhalten indes nicht, wie bereits Karl Marx nüchtern konstatierte: "Gerade das wiederholte Auftreten von Krisen in regelmäßigen Abständen trotz aller Warnungen der Vergangenheit schließt indessen die Vorstellung aus, ihre letzten Gründe in der Rücksichtslosigkeit einzelner zu - chen", schrieb er am 15. Dezember 1857 in der New York Daily Tribune.
List of contents
Der Zeitraum zwischen 1989 und 2001 als Umbruchphase der deutschen Börsengeschichte.- Grundlagen des Derivatehandels.- Aufbruchphase für Terminbörsen in Europa (1978 - 1989).- Gründerzeit und Wettbewerb der Terminbörsen (1990 - 1996).- Die EWU als Wendepunkt im europäischen Zinsterminhandel (1997 - 1999).- Konsolidierungsphase (2000 - 2001).- Zusammenfassung und Ausblick.
About the author
Dr. Lars O. Walter promovierte nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre (Dipl.-Kfm.) sowie der Mittleren und Neueren Geschichte (M.A.) bei Herrn Prof. Dr. Plumpe am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Frankfurt a. M. Der Autor ist Bankkaufmann und legte bei der Deutschen Börse AG die Prüfung als Eurex-Terminhändler ab. Er ist Bankprokurist bei der Landesbank Hessen-Thüringen.
Summary
Im Jahr 1988 wurde in Frankfurt am Main, einem damals international nur zweitrangigen Finanzplatz, die Deutsche Terminbörse GmbH (DTB) gegründet, die 1990 als Computerbörse ihren Geschäftsbetrieb aufnahm. Neun Jahre später war die inzwischen mit der Schweizer Terminbörse SOFFEX zur Eurex fusionierte DTB die weltweit größte Terminbörse und der bedeutendste Erfolg des Finanzplatzes Deutschland. Sie hatte den Computerhandel als Standard im börslichen Terminhandel etabliert und sich zu einem hochprofitablen Segment der Deutschen Börse AG entwickelt. Wie war dies möglich? Welche strategischen Entscheidungen waren ausschlaggebend, welche Hindernisse mussten überwunden werden?
Lars O. Walter beschreibt und analysiert die Entwicklung der DTB/Eurex zwischen 1990 und 2001 vor dem Hintergrund der tiefgreifenden Umwälzungen an den Finanzmärkten und den harten Auseinandersetzungen, vor allem während der „battles for the benchmarks“ mit den europäischen Konkurrenten. Basierend auf Schlüsselereignissen strukturiert er diese Entwicklung und integriert sie in ein Erklärungsmodell. Informationen aus Interviews mit damaligen Entscheidungsträgern vervollständigen das Gesamtbild.