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Der Briefwechsel zwischen Hermann Hesse und Jakob Schaffner umfasst 50 Dokumente und dauerte von 1905 bis 1933. Entdeckt, zusammengestellt und kommentiert hat ihn der Germanist Hermann Affolter (1930-2003), der wesentliche Vorarbeiten zur Erforschung von Schaffners früheren Lebensjahren geleistet hat.
Der Briefwechsel ist weitgehend unpolitisch, aber von literaturgeschichtlichem und biografischem Interesse. Hesse und Schaffner waren beide Autoren bei S. Fischer. Schaffners erster Roman "Irrfahrten" war noch vor Beginn der Freundschaft mit Hesse bei Fischer erschienen. Aber der junge Erfolgsautor Hesse vermittelte dem Autodidakten und Aussenseiter Schaffner den Zugang zur literarischen Welt insbesondere Süddeutschlands. Sie wirkten zusammen bei der politisch-literarischen Monatszeitschrift "März" mit, die ab 1907 im Verlag von Georg Langen (München) erschien. Hesse betreute den literaturkritischen Teil, und Schaffner veröffentlichte darin Aufsätze, Erzählungen und Vorabdrucke verschiedener Romane. Sie rezensierten gegenseitig einzelne Werke. Vor allem Hesse äusserte sich immer wieder zustimmend zu den Werken des jungen Schaffner und empfahl auch später seine Werke, insbesondere den Entwicklungsroman "Johannes".
Ein wichtiger Bezugspunkt war immer auch Basel, hatten doch beide einen Teil ihrer Jugend dort verbracht. Nach 1910 lockerten sich die Beziehungen Schaffners zum "März" - und auch zu Hesse. Sie entfernten sich vorerst räumlich voneinander. Der Schweizer Schaffner zog mit seiner Frau 1911 nach Berlin und kehrte nie mehr für eine längere Zeit in die Schweiz zurück. Der deutsche Staatsbürger Hesse siedelte sich mit seiner Familie in Bern an und kehrte dem Reich immer mehr den Rücken zu. Der Briefwechsel wird lockerer und bricht 1933 ganz ab.
Die Dokumente erhellen die Biografie des jungen Schriftstellers Schaffner und sind eine Facette der vielfältigen literarischen und freundschaftlichen Beziehungen Hesses.
Die Briefdokumente werden ergänzt durch zusätzliche Briefe Schaffners (an seinen Förderer Albert Gessler und seine zeitweilige Verlobte Luise Hesseling), die sich auf Hesse beziehen, und durch die gegenseitigen Besprechungen und Aufsätze aus der Zeitschrift "März". Ein Nachwort erhellt die Beziehung der beiden und würdigt die Grundlagenarbeit von Hermann Affolter. Seine Anmerkungen wurden gestrafft und redigiert.
About the author
Hermann Hesse, geb. am 2.7.1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und der Tochter eines württembergischen Indologen, starb am 9.8.1962 in Montagnola bei Lugano. Er wurde 1946 mit dem Nobelpreis für Literatur, 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Nach einer Buchhändlerlehre war er seit 1904 freier Schriftsteller, zunächst in Gaienhofen am Bodensee, später im Tessin. Er ist einer der bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Summary
Welten trennen heute die beiden Autoren Hermann Hesse und Jakob Schaffner: auf der einen Seite Hesse, der Nobelpreisträger und Welt-Erfolgsautor von nur noch selten bezweifeltem Rang, auf der andern Seite Schaffner, der Verfemte, der Nationalsozialist, von dessen Werken in erster Linie der autobiografische Erziehungsroman 'Johannes' Bestand hat. Und doch gab es eine Zeit, in der sie miteinander befreundet waren und eng zusammenarbeiteten. Hesse und Schaffner waren beide Autoren bei S. Fischer und sie wirkten bei der politisch-literarischen Monatszeitschrift 'März' mit, die ab 1907 im Verlag von Georg Langen in München erschien.
Ein wichtiger gemeinsamer Bezugspunkt war Basel, hatten doch beide einen Teil ihrer Jugend in der Stadt verbracht. Nach 1910 lockerten sich die Beziehungen Schaffners zum 'März' – und auch zu Hesse. Sie entfernten sich vorerst räumlich voneinander. Der Schweizer Schaffner zog 1911 nach Berlin, der württembergische Staatsbürger Hesse siedelte sich mit seiner Familie in Bern an und kehrte dem Reich immer mehr den Rücken zu. Der Briefwechsel wird lockerer und bricht 1933 ab.
Die Briefdokumente sind eine Facette der vielfältigen literarischen und freundschaftlichen Beziehungen Hesses und werfen ein Schlaglicht auf die frühen Jahre Schaffners. Besprechungen und Aufsätze aus dem 'März' sowie Briefe Schaffners an seinen Förderer Albert Gessler und seine zeitweilige Verlobte Luise Hesseling verdeutlichen das Bild einer ungleichen Freundschaft.