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Die Geschichte der Wissenschaften war und ist immer auch eine des Kampfes gegen das Unwissenschaftliche, der Abwehrrhetoriken und Verteidigungsstrategien sowie der Markierung vermeintlich divergierender Praktiken als nicht- oder pseudowissenschaftlich. Ist die Frage des Ein- und Ausschlusses von Wissen und Wissensträgern so alt wie die Wissenschaften selbst, so sind die Vorstellungen davon, wie sich die wesentlichen Unterschiede jeweils konstituieren, bis heute eher diffus. Die Beiträge dieses Bandes unterziehen Wissenschaftsfiktionen und Welterklärungstheorien aus dem 19. und 20. Jahrhundert, vom Spiritismus bis zur Stringtheorie, einer Relektüre. Dabei geht es einerseits um die wissenschaftspolitischen Konstellationen, die zu ihrer Einordnung als pseudowissenschaftlich geführt haben, andererseits aber auch um die Schärfung jener Grenze, die das Wissenschaftliche vom Pseudowissenschaftlichen trennt.
List of contents
Einleitung
Bye-bye science, welcome pseudoscience? Reflexionen über einen beschädigten Status - Michael Hagner
Häresie und »pseudo-scientia«. Zur Problematisierung von Alchemie, Chymiatrie und Physik in der Frühen Neuzeit - Ute Frietsch
Esoterische Wissenschaft um 1900. »Pseudowissenschaft« als Produkt ehemals »hochkultureller« Praxis - Helmut Zander
Klopfzeichen, Experiment, Apparat. Geisterbefragungen im deutschen Spiritismus der 1850er Jahre - Johanna Bohley
Epistemisches Prekariat. Die qualitas occulta Reichenbachs und Fechners Traum vom Od - Robert Matthias Erdbeer
Welteis. Die »Astronomie des Unsichtbaren« um 1900 - Christina Wessely
Verjüngungsrummel. Der Kampf um Wissenschaftlichkeit in den 1920er Jahren - Heiko Stoff
Das »schwarze Schaf« der Biowissenschaften. Marginalisierungen und Rehabilitierungen der Rassenbiologie im 20. Jahrhundert - Veronika Lipphardt
Medizinische Forschung als Pseudowissenschaft. Selbstreinigungsrituale der Medizin nach dem Nürnberger Ärzteprozess - Sabine Schleiermacher, Udo Schagen
»Pseudowissenschaft« als Argument und Ausrede. Antijüdische Wissenschaft im »Dritten Reich« und ihre Nachgeschichte - Dirk Rupnow
»Pseudowissenschaft« im Kalten Krieg. Diskreditierungsstrategien in Ost und West - Jens Thiel, Peter Th. Walther
Wissenschaftliche Phantasmagorien. Die Poetik des Wissens in Man and his Future und ihre Rezeption in der Bundesrepublik - Ina Heumann
Ein Außenseiter und Pseudowissenschaftler? David Bohms Quantenmechanik im Kalten Krieg - Christian Forstner
Wenn Naturwissenschaftler über Naturwissenschaftlichkeit streiten. Die Veränderlichkeit von Wissenschaftsparadigmen am Beispiel der Stringtheorie - Richard Dawid
Darwins Herausforderer. Über Intelligent Design oder: Woran man Pseudowissenschaftler erkennt - Philip Kitcher
Wider die Relativität. Der Fall Friedrich Adler. Ein Gespräch - Peter Galison, Christina Wessely
Pseudowissenschaft als historische Größe. Ein Abschlusskommentar - Mitchell G. Ash
About the author
Veronika Lipphardt, geb. 1973, ist Teilprojektleiterin im BMBF-Forschungsprojekt »Imagined Europeans« am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin.
Jens Thiel, geboren 1966 in Lutherstadt Eisleben, Dr. phil., Studium der Neueren und Neuesten Geschichte und der Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, Mitarbeit u.a. an wissenschaftsgeschichtlichen und Editions-Projekten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Summary
Die Geschichte der Wissenschaften war und ist immer auch eine des Kampfes gegen das Unwissenschaftliche, der Abwehrrhetoriken und Verteidigungsstrategien sowie der Markierung vermeintlich divergierender Praktiken als nicht- oder pseudowissenschaftlich. Ist die Frage des Ein- und Ausschlusses von Wissen und Wissensträgern so alt wie die Wissenschaften selbst, so sind die Vorstellungen davon, wie sich die wesentlichen Unterschiede jeweils konstituieren, bis heute eher diffus. Die Beiträge dieses Bandes unterziehen Wissenschaftsfiktionen und Welterklärungstheorien aus dem 19. und 20. Jahrhundert, vom Spiritismus bis zur Stringtheorie, einer Relektüre. Dabei geht es einerseits um die wissenschaftspolitischen Konstellationen, die zu ihrer Einordnung als pseudowissenschaftlich geführt haben, andererseits aber auch um die Schärfung jener Grenze, die das Wissenschaftliche vom Pseudowissenschaftlichen trennt.