Read more
Tucholsky könne «so auseinanderliegende Bezirke wie eine Nelsonrevue und ein kämpferisches Kabarett mit Texten versorgen», schrieb Max Herrmann-Neiße. Die Jahre 1921/1922 beweisen es: Er gehörte zu den Autoren von Trude Hesterbergs Wilder Bühne und lieferte die Texte für zwei große Revuen, zu denen Rudolph Nelson die Musik schrieb. Gleichzeitig entstand sein wohl bekanntestes Antikriegsgedicht «Drei Minuten Gehör» («Nie wieder Krieg!»), das am 30.7.1922 bei Kundgebungen in Berlin und im ganzen Reich vorgetragen wurde, und doch hieß es zugleich: «Ach Muse, pack die rote Fahne ein!»
In großen Artikeln mahnte er zum Frieden, warnte vor dem wiedererwachten Militarismus, vor verdeckter Zensur und parteiischer Justiz, vor Fememord und Putschbereitschaft. Durch den Rathenau-Mord und das Attentat auf Maximilian Harden sah Tucholsky sich bestätigt; die Wirklichkeit sollte seine düstere Zukunftsvision jedoch weit übertreffen («Deutsche Richtergeneration 1940»).
About the author
Kurt Tucholsky, geb. am 9.1.1890 in Berlin, studierte in Berlin und in Genf Jura und promovierte 1915 in Jena. Seit 1913 war er Mitarbeiter der 'Schaubühne' und späteren 'Weltbühne', nach Siegfried Jacobsohns Tod zeitweilig auch ihr Herausgeber. Seit 1929 hielt sich Kurt Tucholsky in Schweden auf, wo er in Hindas am 21.12.1935 aus dem Leben schied.§Tucholsky war einer der bedeutendsten und scharfzüngigsten Gesellschaftskritiker und Satiriker der Weimarer Republik, pessimistischer Aufklärer, dessen hellsichtige und häufig unterhaltsame Kritik das Ziel einer demokratischen und humanen Gesellschaft verfolgte und frühzeitig auf die Gefahren von antidemokratischer Gewalt hinwies. Er gilt als Meister der kleinen Textform, von der Glosse bis zur Reportage und vom Kabarettsong bis zum kleinen Roman.§§Ab 1932 veröffentlicht Tucholsky keine einzige Zeile mehr aus Verzweiflung über die politische Situation, seine Briefe unterzeichnet er mit "ein aufgehörter Deutscher" und "ein aufgehörter Schriftsteller".
Summary
Tucholsky könne «so auseinanderliegende Bezirke wie eine Nelsonrevue und ein kämpferisches Kabarett mit Texten versorgen», schrieb Max Herrmann-Neiße. Die Jahre 1921/1922 beweisen es: Er gehörte zu den Autoren von Trude Hesterbergs Wilder Bühne und lieferte die Texte für zwei große Revuen, zu denen Rudolph Nelson die Musik schrieb. Gleichzeitig entstand sein wohl bekanntestes Antikriegsgedicht «Drei Minuten Gehör» («Nie wieder Krieg!»), das am 30.7.1922 bei Kundgebungen in Berlin und im ganzen Reich vorgetragen wurde, und doch hieß es zugleich: «Ach Muse, pack die rote Fahne ein!»
In großen Artikeln mahnte er zum Frieden, warnte vor dem wiedererwachten Militarismus, vor verdeckter Zensur und parteiischer Justiz, vor Fememord und Putschbereitschaft. Durch den Rathenau-Mord und das Attentat auf Maximilian Harden sah Tucholsky sich bestätigt; die Wirklichkeit sollte seine düstere Zukunftsvision jedoch weit übertreffen («Deutsche Richtergeneration 1940»).
Additional text
Er gehörte zu den Autoren von Trude Hesterbergs 'Wilder Bühne' und lieferte
die Texte für zwei große Revuen. Gleichzeitig entstanden sein wohl bekanntestes
Antikriegsgedicht 'drei Minuten Gehör' ( 'Nie wieder Krieg!'), das am 30.7.1922
bei Kundgebungen in Berlin und im ganzen Reich vorgetragen wurde, und doch
hieß es zugleich: 'Ach Muse, pack die rote Fahne ein!' In der 'Weltbühne',
seltener als zuvor, in der pazifistisch orientierten 'Welt am Montag' und
in der 'Berliner Volkszeitung' mahnte er in großen Artikeln wie 'Die Erdolchten'
oder 'Die zufällige Republik' zum Frieden, warnte vor dem wiedererwachten
Militarismus, vor verdeckter Zensur und parteiischer Justiz, vor Fememord
und Putschbereitschaft. Durch den Rathenau-Mord und das Attentat auf Maximilian
Harden sah Tucholsky sich bestätigt; die Wirklichkeit sollte seine düstere
Zukunftsvision jedoch weit übertreffen ('Deutsche Richtergeneration 1940')
Schon zur Jahreswende 1921/22, im 'Neujahrsgruß an die Geistigen Deutschlands',
klingt Resignation an und wird in 'Letzte Fahrt' selbstironisch variiert.
Nur ein halbes Jahr später wird sie in 'Requiem' kulminieren - bald darauf
geht Kurt Tucholsky nach Paris.