Read more
Im ehemaligen Adelssitz von Sirem, einem Dorf westlich von Prag, kümmern sich Nonnen um verlassene Kinder, die es aus verschiedenen Ländern hierher verschlagen hat. Unter ihnen ist auch der zwölfjährige Ilja. Angeblich haben die Eltern ihn und seinen behinderten kleinen Bruder auf der Flucht außer Landes zurückgelassen.
Der Alltag der Kinder ändert sich jäh, als Volksmilizen das »Heimdaheim« stürmen, die katholischen Schwestern deportieren und unter Leitung des Kommandanten ein von militärischem Drill bestimmtes Leben einführen. Bücher werden verbrannt, die Vergangenheit wird gesäubert und Ilja zum Saboteur ausgebildet.
Als die bevorstehende Invasion der Armeen der Warschauer-Pakt-Staaten angekündigt wird, schließen sich viele der älteren Jungen den Rebellen in der »Siremer Autonomen Zone« an. Auf einem einrückenden sowjetischen Panzer entdeckt Ilja einen Mann, der sein Vater sein könnte: Hauptmann Jegorow.
Als Dolmetscher und Kartenleser lotst Ilja die Okkupanten durch die verwüstete Landschaft, in der Zwerge, tote Giraffen und Kamele auftauchen: versprengte Teile eines sozialistischen Musterzirkus aus der DDR. Wie schließlich tschechische Einheiten nach Bayern eindringen und einen Dritten Weltkrieg heraufbeschwören, der die »Zirkuszone« auslöschen wird - diese Geschichtsfiktion ist weit mehr als Karneval und Satire. Der visionären Zukunft korrespondiert eine mythische Vergangenheit. Iljas abenteuerliche Jahre fügen sich zu einer Geschichte der tschechischen Nachkriegsepoche, im Zeitraffer erzählt - von den Vertreibungen 1945 bis zum Prager Frühling.
About the author
Jáchym Topol, 1962 in Prag geboren und Sohn des Dramatikers Josef Topol, war nicht nur der Star des literarischen und musikalischen Underground vor 1989 sondern ist auch heute noch der bekannteste tschechische Autor seiner Generation. Als Sechzehnjähriger unterzeichnete er die Charta 77, 1985 begründete er das Underground-Magazin Revolver Revue , seine Zeit als Wehrpflichtiger verbrachte er mit anderen Intellektuellen in der Irrenanstalt, er arbeitete als Heizer und Lagerarbeiter. In den 90er Jahren studierte er Ethnologie und bereiste zwischen 1989 und 1991 als Journalist für die Wochenzeitung Respekt und Drehbuchautor Osteuropa. 1988 erschien in Samizdat sein erster Gedichtband Ich liebe Dich bis zum Irrsinn, 1992/93 folgten Am Dienstag gibt es Krieg und Ausflug zur Bahnhofshalle. Im Jahr 2015 erhielt er den Vilenica International Literary Prize.
Milena Oda, geboren 1975 in Jicín. Ihre Muttersprache ist Tschechisch, im Selbststudium eignete sie sich die deutsche Sprache an. Milena Oda schreibt Prosa und Poesie auf Deutsch, Tschechisch und Englisch. Sie lebt in Berlin und New York.
Andreas Tretner, geb. 1959 in Gera ist Übersetzer u.a. von Boris Akunin und Vladimir Sorokin.
Summary
Im ehemaligen Adelssitz von Si?em, einem Städtchen östlich von Prag, kümmern sich
Nonnen um verlassene Kinder, die es aus verschiedenen Ländern hierher verschlagen
hat. Unter ihnen ist auch der zwölfjährige Russe Ilja. Die flüchtenden Eltern haben ihn und seinen behinderten kleinen Bruder zurückgelassen.
Der Alltag der Kinder ändert sich jäh, als Soldaten das »Heimdaheim« stürmen und
die katholischen Schwestern deportieren. Unter der Leitung des Kommandanten dominiert
ein militärischer Drill. Bücher werden verbrannt, die Vergangenheit umgeschrieben
und Ilja zum Saboteur ausgebildet. Als Gerüchte über eine bevorstehende Invasion
der Armeen der Warschauer-Pakt-Staaten Si?em erreichen, bricht im Heim Chaos
aus. Viele Jungen schließen sich den Rebellen in der »Si?emer Autonomen Zone« an.
Ilja entdeckt auf einem einrückenden sowjetischen Panzer seinen Vater, Hauptmann
Jegorow. Als Dolmetscher und Kartenleser lotst Ilja die Okkupanten durch die verwüstete Landschaft, in der Zwerge, tote Giraffen und Kamele auftauchen: versprengte Teile eines sozialistischen Musterzirkus aus der DDR. Die Geschichte, wie schließlich tschechische Einheiten nach Bayern eindringen und einen Dritten Weltkrieg heraufbeschwören, der die »Zirkuszone« auslöschen wird, ist weit mehr als Karneval und
Satire.
Additional text
»Topol führt seine Leser ... in eine Tschechoslowakei der sechziger Jahre, in der auf dem Land ein Freischärlerkrieg tobt ... Zirkuszone ist so heiter, wie ein dunkler Roman sein kann. Wer sich ... noch nicht sicher war, wird jetzt doch Schwierigkeiten haben, einen stärkeren lebenden tschechischen Autoren zu nennen.«
Report
»Für seinen jüngsten Roman ist Topol, der mit Abstand interessanteste tschechische Autor dieser Jahre, auf Motive vor allem des Vorgängerromans Nachtarbeit zurückgegangen.« Süddeutsche Zeitung