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Deutsch von Frank Günther
Mit einem Essay von Sonja Fielitz
Man muß kein Shakespeare-Fan sein, muß den "Sommernachtstraum" nicht gelesen oder auf der Bühne erlebt haben, um seine Atmosphäre zu kennen oder den buntschillernden Gestalten daraus einmal begegnet zu sein. In Woody Allens "Midsummer Nights Sex Comedy" etwa, selbst schon ein ironisch-erotischer Klassiker, oder im Schauspiel "Der Park" von Botho Strauß zeigt sich deutlich: für moderne New Yorker oder deutsche Bundesbürger hat ein Zauberwald, wo verschüttete Wünsche und Triebe zum Vorschein kommen dürfen, weiterhin seine Anziehungskraft...
Shakespeares Original , durch die Jahrhunderte aufs unterschiedlichste inszeniert als pompös romantisches Märchenspiel (1905 in Berlin gar mit Waldmeisterduft im Bühnenraum) oder artistische Schauspieler-Improvisation, mischt Liebes-Traum und Liebes-Wirklichkeit zu einem turbulenten Wirbel, wenn der Elfenkönig Oberon seinen Dienstkobold Puck beauftragt, per Zaubersaft die Vernunft außer Kraft zu setzen. Elfenkönigin Titania, mit der Oberon Streit hat, muß sich daraufhin in den eselsköpfigen Weber Zettel verlieben, der mit Handwerkerkollegen im Wald gerade ein Theaterstück probt.
Schlimmer noch sind die Auswirkungen auf zwei junge, gezierte Paare vom Hofe Athens, die sich ebenfalls in den Zauberwald verirrt haben: Puck verwechselt die Männer, und so begehrt Lysander, der eigentlich Hermia liebte, plötzlich Helena, und Demetrius, abtrünniger Liebhaber der Helena, dann aber Bräutigam der Hermia, wendet sich wieder Helena zu... bis Oberon den Gegenzauber findet.
Ein Virtuosenstück mit hohem Unterhaltungswert oder ein zynischer Traum von der Liebe als Narretei, wo Partner jederzeit austauschbar sind? Sicher ist, daß im Elfenwald eine Verwandlung geschieht: die Liebenden finden von floskelhaft-gestelzter zu souverän freier Sprache, auf deutsch erstmals nachempfunden und nachzuempfinden in Frank Günthers neuer Übersetzung.
About the author
William Shakespeare (1564-1616) gilt als einer der größten Dichter und Dramatiker der Weltgeschichte. Er verfasste zahlreiche Dramen, Tragödien, Komödien und Gedichte, mit denen er schon zu Lebzeiten Anerkennung und Wohlstand errang. Aber erst in den folgenden Jahrhunderten wurde er zum Prototypen des literarischen Genies, ohne den die Entwicklung der neueren Literatur von Goethe über Brecht bis in die Gegenwart hinein undenkbar ist.
Frank Günther, geboren 1947 in Freiburg, wuchs in Wiesbaden auf. Er studierte Germanistik, Anglistik und Theaterwissenschaft in Mainz und Bochum und erlag dabei den Verlockungen des Theaters. Er war als Regieassistent beim amerikanischen Regisseur Charles Marowitz in Wiesbaden, Bochum und London, wodurch er Kontakt zum englischen off-off-Theater im Dunstkreis von Peter Brook gewann. Dessen Sommernachtstraum war später die Initialzündung für die eigene Theater- und Spracharbeit. Es folgten Regieassistenzen in Bochum und Stuttgart sowie ein Lehrauftrag an der dortigen staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst. Anschließend ging er als fester Regisseur nach Heidelberg. Nach zwei Jahren und einem halben Dutzend eigener Inszenierungen machte er sich nach Amerika auf, wo er ein Jahr on the road als Tabakpflücker, Kellner und Tellerwäscher in Kanada und den USA zubrachte. Zurück in Deutschland begann er mit ersten Übersetzungen elisabethanischer Dramatiker und war in Haßliebe zum Theater u.a. in Heidelberg, Bielefeld, Basel und Wiesbaden als Regisseur tätig. Die Shakespeare-Übersetzung, die als Auftragsarbeit begann, wurde im Laufe der Jahre zu seiner Hauptbeschäftigung. Zuletzt erhielt er im Jahr 2006 den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis für seine viel gerühmten und von vielen deutschsprachigen Bühnen gespielten Shakespeare-Übersetzungen, die sich durch ihre sprachliche Genauigkeit und ihre Shakespearsche Lebendigkeit auszeichnen, so die Begründung der Jury. Zum Wintersemester 2007/2008 wurde er zum ersten Inhaber der neuen August Wilhelm von Schlegel-Gastprofessur für Poetik der Übersetzung an der Freien Universität Berlin gewählt. 2011 wurde er von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis geehrt.
Summary
Deutsch von Frank Günther
Mit einem Essay von Sonja Fielitz
Man muß kein Shakespeare-Fan sein, muß den ›Sommernachtstraum‹ nicht gelesen oder auf der Bühne erlebt haben, um seine Atmosphäre zu kennen oder den buntschillernden Gestalten daraus einmal begegnet zu sein. In Woody Allens ›Midsummer Night's Sex Comedy‹ etwa, selbst schon ein ironisch-erotischer Klassiker, oder im Schauspiel ›Der Park‹ von Botho Strauß zeigt sich deutlich: für moderne New Yorker oder deutsche Bundesbürger hat ein Zauberwald, wo verschüttete Wünsche und Triebe zum Vorschein kommen dürfen, weiterhin seine Anziehungskraft...
Shakespeares Original, durch die Jahrhunderte aufs unterschiedlichste inszeniert als pompös romantisches Märchenspiel (1905 in Berlin gar mit Waldmeisterduft im Bühnenraum) oder artistische Schauspieler-Improvisation, mischt Liebes-Traum und Liebes-Wirklichkeit zu einem turbulenten Wirbel, wenn der Elfenkönig Oberon seinen Dienstkobold Puck beauftragt, per Zaubersaft die Vernunft außer Kraft zu setzen. Elfenkönigin Titania, mit der Oberon Streit hat, muß sich daraufhin in den eselsköpfigen Weber Zettel verlieben, der mit Handwerkerkollegen im Wald gerade ein Theaterstück probt.
Schlimmer noch sind die Auswirkungen auf zwei junge, gezierte Paare vom Hofe Athens, die sich ebenfalls in den Zauberwald verirrt haben: Puck verwechselt die Männer, und so begehrt Lysander, der eigentlich Hermia liebte, plötzlich Helena, und Demetrius, abtrünniger Liebhaber der Helena, dann aber Bräutigam der Hermia, wendet sich wieder Helena zu... bis Oberon den Gegenzauber findet.
Ein Virtuosenstück mit hohem Unterhaltungswert oder ein zynischer Traum von der Liebe als Narretei, wo Partner jederzeit austauschbar sind? Sicher ist, daß im Elfenwald eine Verwandlung geschieht: die Liebenden finden von floskelhaft-gestelzter zu souverän freier Sprache, auf deutsch erstmals nachempfunden und nachzuempfinden in Frank Günthers neuer Übersetzung.