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1953. Eine junge Frau steht an der Reling eines Überseedampfers nach Kolumbien, neben ihr der Ehemann, auf dem Weg zu seiner ersten Anstellung als Geologe. Hinter sich lässt sie ein zerbombtes Land, vier dominante Schwägerinnen, ein abgebrochenes Musikstudium. Vor ihr liegt eine ungewisse Zukunft, der sie freudig, gleichzeitig aber auch bange entgegensieht: die fremde Kultur, über die sie kaum etwas weiß, die jahrelange Trennung von der Familie, weil das Hin- und Herreisen zu kostspielig ist, das Ausgesetztsein. Angekommen in Tunja, der kleinen auf 2800 Metern Höhe liegenden Andenstadt, taucht das frisch verheiratete Ehepaar ein in die schillernde Gesellschaft der über ihre Vergangenheit meist schweigenden Auslandsdeutschen mit ihrer kolonialen Attitüde. Doch während ihr Mann im Gelände arbeitet, erst in Tunja, später in Bogotá, ist die junge Frau oft wochenlang auf sich selbst gestellt, sie tritt als Musikerin auf und schreibt immer wieder der Mutter und den übrigen Daheimgebliebenen: Briefe, aus denen Sehnsucht und Selbstbehauptung sprechen. Gut siebzig Jahre später folgt die Erzählerin mit zweien ihrer Kinder, Lou und Johanna, den Spuren der Eltern und Großeltern. Zwischen den Zeilen entwickeln sich dabei nachgeholte innere Begegnungen, entspinnt sich ein liebevoller Dialog zwischen den Generationen, in dem die Gegenwart die Geschichte erhellt.
About the author
Nicola Denis, 1972 in Celle geboren, lebt als Literaturübersetzerin und Autorin im Westen Frankreichs. Für Matthes & Seitz Berlin übersetzte sie u. a. Werke von Alexandre Dumas, Honoré de Balzac, Éric Vuillard und Vinciane Despret.2021 erhielt sie den renommierten Prix Lémanique de la traduction, 2023 den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis. 2022 erschien ihr literarisches Debüt 'Die Tanten'.