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Manuela Infante, eine der aufregendsten Theatermacher:innen Südamerikas, fragt in ihrem Theaterstück Haare danach, wie viel wir wirklich über die Verstrickungen des globalen Handels wissen wollen. Gekonnt zoomt Infante in die Realität einer kulturhistorischen Nische, die unmittelbar mit der Frage nach Schönheitsidealen, Alter und Krankheit verwoben ist. Philosophisch, bildstark und poetisch schreibt Manuela Infante einen polyphonen Monolog für ein kollektives Gewirr, das endlich die Stimme erhebt.
Die Schauspielerin ist Anfang 60, als sie plötzlich büschelweise Haare verliert. Ohne Widerstand stoßen sich die Haare von ihr ab, wie tote Schlangen liegen sie schlaff in ihren Händen. Der Verfall hat eingesetzt, die Zeit, sie ist der Killer. Oder ist sie doch krank? So jedenfalls kann sie ihre Rollen im Theater nicht mehr spielen, vor allem nicht die der Medusa oder die der Königsmutter. Sie wird aus dem Theaterbetrieb entfernt. Zuhause erwartet sie nichts, kein Kind, kein Hund, keine Pflanze. Ihre Wohnung ist ein leerer Ort. Was tun mit all dem Nichts? Sie entwendet ihre Perücke aus dem Theater, lässt sie sich im Perückenladen aufpeppen - doch man kommt ihr und ihren unechten Haaren schnell auf die Schliche. Nur was wirklich echt ist, zählt. Doch was und vor allem wer steckt in dieser Echthaarperücke eigentlich drin? Mit einem ihr aufgedrängten DNA-Test beginnt ein Trip durch die Geschichte der Herkunft und Tradition der Perücke, die von Eitelkeiten, Raub, Gewalt und Macht geprägt ist.
About the author
Manuela Infante Güell, geboren in Chile, ist Theaterregisseurin, Dramatikerin, Drehbuchautorin und Musikerin. Ihre Arbeitsweise prägt, dass sie zeitgenössische theoretische Themen szenisch artikuliert und Werke schafft, die zwischen Musik, Theater und Literatur angesiedelt sind. Ihre Arbeiten werden auf wichtigen Festivals und an Theatern in Nord- und Südamerika, Europa und Asien gezeigt. Derzeit arbeitet sie für das Theater Basel, Volkstheater Wien, Schauspiel Hannover, KVS (Brüssel) und NNT (Groningen). 2015 wurde sie als erste Frau zur Leiterin des Nationalen Festivals für Dramatik in Chile ernannt. Sie war außerdem die erste chilenische Theatermacherin, die 2019 zur Biennale in Venedig eingeladen wurde. Im selben Jahr gewann sie den Werkauftrag des Stückemarkts beim Berliner Theatertreffen.
Felicitas Arnold, 1990 im Ruhrgebiet geboren, lebt und arbeitet in Köln. Sie ist Kulturwissenschaftlerin und arbeitet als Dramaturgin in den Bereichen Hörspiel, Performance und Theater. Bisher u.a. für das Ruhrtriennale Festival der Künste, das Schauspielhaus Bochum, das Burgtheater Wien, das Schauspiel Köln, das Schaudepot für die Darstellenden Künste von Herbordt/Mohren und das WDR Hörspiel. Besonders interessiert sie dabei die Arbeit an dokumentarischen und diskursbasierten sowie partizipativen performativen Formaten. Manuela Infante lernte sie 2021 als Dramaturgin der Stückentwicklung 'Noise. Das Rauschen der Menge' am Schauspielhaus Bochum kennen, für die sie ebenfalls den Stücktext ins Deutsche übersetzte.