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Die Psychoanalyse muss in den letzten Jahren Prügel einstecken. Sie duckt sich unter Angriffen, die ihre Theorie und ihre Methoden kritisieren, und doch nur ihren Platz einnehmen wollen, wo es ums gesellschaftliche Ansehen und um die Futtertröge geht. Selbst grobe Fehlschüsse von Konkurrenten lassen sie bis ins Mark erzittern. Was macht die einhundertjährige Wissenschaft plötzlich so selbstungewiss?Die Psychoanalytiker sind an der prekären Lage nicht unbeteiligt. Allzu lang haben sie sich nach außen hermetisch abgeschlossen und dem interdisziplinären Diskurs versagt. Allzu lang haben sie sich mit sich selbst beschäftigt, sei es in wohlgefälliger Selbstbespiegelung oder in erstickendem Gehakel miteinander.Diese Erstarrung ist anti-psychoanalytisch, das nachzuweisen ist Anliegen dieses Buches. Die Dynamik von Wunsch und Abwehr in der Psychoanalyse, nicht nur beim Patienten, sondern eben auch bei den Analytikerinnen und Analytikern, kann eine Spannkraft erzeugen, die nicht nur den analytischen Prozess, sondern die ganze Ausübung des Berufs verlebendigen kann. Sie kann die professionelle Identität wesentlich bestimmen. Aufgefächert werden philosophische, religiöse, kulturelle und politische Faktoren in der psychoanalytischen Haltung ebenso wie die Einflüsse von Theorie und Praxis wie auch der Patienten mit ihren spezifischen Krankheitsbildern auf den psychoanalytischen Prozess.