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Wie kaum ein anderer Schriftsteller fühlte sich Paul Celan existenziell mit der deutschen Sprache verbunden. Doch wie nur wenige Dichter vor ihm integrierte er zugleich eine Vielzahl anderer Sprachen in seine literarische Praxis. Welche fundamentale Bedeutung dieses Schreiben >zwischen< den Sprachen besitzt, lässt sich aus Biographie, Werk und Poetik des deutsch-jüdischen Lyrikers ableiten. Dabei sind rund ein Dutzend Sprachen in Prozesse involviert, die sich mit den Begriffen >Sprachwechsel<, >Sprachmischung< und >Sprachreflexion< beschreiben lassen. In der vorliegenden Studie wird erstmals der Versuch unternommen, Celans Mehrsprachigkeit differenziert in ihrer gesamten Breite und Tiefe darzustellen. Dabei zeigt sich, dass die translinguale Schreibpraxis des Dichters den Kristallisationspunkt seiner distanziert-kritischen, ja aporetischen Beziehung zur deutschen Muttersprache bildet. Als Trägersprache der Judenvernichtung wird die deutsche Dichtungssprache in seinem Werk multilingual >angereichert<, verfremdet und dekonstruiert. Celans Mehrsprachigkeit führt somit zu einer Poetik der >Wortöffnungen<, deren Konturen es im Einzelnen herauszuarbeiten gilt.
List of contents
I Einführung1 Wortöffnungen: Thema, Problemstellung und Methodik der StudieII Exemplarische Gedichtinterpretation2 >>Solve et coagula<<: >>Huhediblu<< als translinguales Gedicht III Systematisch-typologischer Hauptteil3 >>Kleide die Worthöhlen aus<<: Mehrsprachigkeit metalingual4 >>Brücken über Abgründe<<: Mehrsprachigkeit textübergreifend5 >>Mitgewanderte Sprache[n]<<: Mehrsprachigkeit textintern I6 >>Mitlaut am Genannten<<: Mehrsprachigkeit textintern IIIV Ausblick und Bilanz7 Das >Tor< des Übersetzers: Einflüsse von Celans translingualer Poetik in der Gegenwartsliteratur8 >>In naher, in nächster, in fremdester Zunge<<: Bilanz und SchlussbetrachtungenAbstracts und Keywords Siglen und HinweiseDanksagungenLiteraturverzeichnisRegister der zitierten Werke Celans
About the author
Dirk Weissmann, geboren 1973 in Wiesbaden. Studium in Mainz, Lausanne und Paris. Lebt und arbeitet seit 30 Jahren in Frankreich. Autor zahlreicher Publikationen im Bereich Neuere Deutsche Literatur, Interkulturelle Literaturwissenschaft, literarische Mehrsprachigkeits- und Übersetzungsforschung. Professor für deutsche Sprache und Literatur am Centre de Recherches et d'Études Germaniques der Universität Toulouse und assoziierter Forscher am Institut des Textes et Manuscrits Modernes beim Centre National de la Recherche Scientifique in Paris.
Summary
Wie kaum ein anderer Schriftsteller fühlte sich Paul Celan existenziell mit der deutschen Sprache verbunden. Doch wie nur wenige Dichter vor ihm integrierte er zugleich eine Vielzahl anderer Sprachen in seine literarische Praxis. Welche fundamentale Bedeutung dieses Schreiben >zwischen< den Sprachen besitzt, lässt sich aus Biographie, Werk und Poetik des deutsch-jüdischen Lyrikers ableiten. Dabei sind rund ein Dutzend Sprachen in Prozesse involviert, die sich mit den Begriffen >Sprachwechsel<, >Sprachmischung< und >Sprachreflexion< beschreiben lassen. In der vorliegenden Studie wird erstmals der Versuch unternommen, Celans Mehrsprachigkeit differenziert in ihrer gesamten Breite und Tiefe darzustellen. Dabei zeigt sich, dass die translinguale Schreibpraxis des Dichters den Kristallisationspunkt seiner distanziert-kritischen, ja aporetischen Beziehung zur deutschen Muttersprache bildet. Als Trägersprache der Judenvernichtung wird die deutsche Dichtungssprache in seinem Werk multilingual >angereichert<, verfremdet und dekonstruiert. Celans Mehrsprachigkeit führt somit zu einer Poetik der >Wortöffnungen<, deren Konturen es im Einzelnen herauszuarbeiten gilt.