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Gegenläufig zum Trend thematisiert der Sammelband "Formen der politischen Kommunikation in Europa vom 15. bis 18. Jahrhundert" nicht die (wiederentdeckten) frühneuzeitlichen Massenmedien. Vielmehr steht politische Kommunikation dafür, wie Individuen, Gruppen und Stände ihre Interessen gegenüber weltlichen und kirchlichen Machthabern artikulieren und wie diese darauf reagieren. Die Dialogformen reichen von massiven Beschwerden aufrührerischer Bauern über demütige Gnadengesuche Verurteilter bis zu persönlichen Bitten in privaten Briefen, von der gütigen Erfüllung umfangreicher Gesuche bis zur brutalen Repression weitreichender Forderungen. Die europaweite Verbreitung dieser Formen der politischen Kommunikation in der ständischen Gesellschaft verweist ebenso wie der zeitgenössische Diskurs über das richtige "Supplizieren" auf den Modus des Bittens, der im Zeitalter von Sozialdisziplinierung und Absolutismus, von Befehl und Gehorsam oft unterschätzt wird.Die Beiträge sind hervorgegangen aus einer Trienter Tagung vom Dezember 2000 im Rahmen des Projektes "Petitionen, Gravamina und Bittschriften in der Frühen Neuzeit in Europa", das vom Italienisch-deutschen historischen Institut in Trient (Cecilia Nubola) und vom Historischen Institut der Universität Bern (Andreas Würgler) durchgeführt wurde.
List of contents
Inhalt: A. Würgler / C. Nubola, Politische Kommunikation und die Kultur des Bittens - I. Suppliche alle autorità ecclesiastiche e secolari / Suppliken an Geistliche und weltliche Instanzen: P. Ostinelli, Suppliche alla Sacra Penitenzieria Apostolica e pratiche del governo vescovile. La diocesi di Como nel XV secolo - C. Zendri, Il "Tractatus de supplicationibus, seu errorum propositionibus" di Pierre Rebuffi (1487-1557) - P. Blastenbrei, Funktion und Bedeutung von Suppliken in der päpstlichen Strafjustiz um 1600 - C. A. Hoffmann, Die gesellschaftliche und rechtliche Bedeutung von Suppliken im städtischen Strafverfahren des 16. Jahrhunderts. Das Beispiel Augsburg - M. Bleckmann, Suppliken zu Rangkonflikten an den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel im 17. und 18. Jahrhundert - II. Gravamina e azioni di resistenza / Gravamina und Widerstandshandlungen: P. Corrao, Negoziare la politica: i "capitula impetrata" delle comunità del regno siciliano nel XV secolo - D. Quaglioni, "Gravamina" e parlamenti nella prima età moderna. Il caso sardo alla fine del regno di Filippo II
Report
"Verdienst dieser gelungenen und anspruchsvollen Zusammenstellung ist nicht zuletzt, daß die explizite Quellennähe der Beiträge eine besondere Sensibilität für die jeweiligen Kontexte ermöglicht und kaum allzu schnell verallgemeinernde Aussagen erlaubt. Gleichzeitig gelingt aber in nahezu allen Texten eine explizite Verbindung zwischen grundsätzlichen systematischen Fragestellungen und der Arbeit am Material - ein Umstand, der hier nachdrücklich hervorgehoben werden soll, weil sich diese Verbindung von erkenntnisgeleiteter 'Theorie' und Forschungspraxis in vergleichbaren Sammelbänden, wenn überhaupt, dann auf die einleitenden Seiten beschränkt." Christina Lutter, in: Francia, Bd. 33, 2/2006