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Kein Krieg wurde sexualwissenschaftlich so intensiv erforscht wie der »Große Krieg« von 1914 bis 1918. Er fiel in eine Phase, als die »Entdeckung« des Unbewussten und die Begründung der Sexualwissenschaft als interdisziplinäres Fach erst wenige Jahre zurücklagen. Richard Kühl untersucht, wie die neuen Expert*innen im Kriegsraum ein regelrechtes Laboratorium der Triebe vorfanden und sich noch bis in die 1920er Jahre hinein mit den sozialen und kulturellen Kriegsfolgen kontrovers auseinandersetzten. Seine Analysen reichen bis in die Zeit um 1930, in der Sexolog*innen wie Magnus Hirschfeld in der »umkämpften Erinnerung« an die Materialschlachten auf eine Weise mitmischten, die das gesamte politische Spektrum beschäftigte.
About the author
Richard Kühl, geb. 1978, ist Medizin- und Zeithistoriker an der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sowie am Institut für Geschichte des Universitätsklinikums Düsseldorf (Theorie und Ethik der Medizin). Er ist außerdem Lehrbeauftragter des Seminars für Zeitgeschichte der Eberhard Karls Universität Tübingen. Zu seinen Schwerpunkten zählen die Geschichte der Medizin in der Moderne und die Zeitgeschichte der Sexualwissenschaft.
Summary
Kein Krieg wurde sexualwissenschaftlich so intensiv erforscht wie der »Große Krieg« von 1914 bis 1918. Er fiel in eine Phase, als die »Entdeckung« des Unbewussten und die Begründung der Sexualwissenschaft als interdisziplinäres Fach erst wenige Jahre zurücklagen. Richard Kühl untersucht, wie die neuen Expert*innen im Kriegsraum ein regelrechtes Laboratorium der Triebe vorfanden und sich noch bis in die 1920er Jahre hinein mit den sozialen und kulturellen Kriegsfolgen kontrovers auseinandersetzten. Seine Analysen reichen bis in die Zeit um 1930, in der Sexolog*innen wie Magnus Hirschfeld in der »umkämpften Erinnerung« an die Materialschlachten auf eine Weise mitmischten, die das gesamte politische Spektrum beschäftigte.
Additional text
»Die vorliegende Studie besticht durch eine breite Quellengrundlage und eine kenntnisreiche Verarbeitung der Literatur. Dabei gelangt sie zu im Einzelnen spannenden Erkenntnissen über ein bis dato wenig untersuchtes Thema.«
Report
»Der Verfasser hat eine ebenso dicht wie flüssig geschriebene Darstellung der Entwicklung der Sexualwissenschaft vorgelegt. Eine Haupterkenntnis ist dabei sicherlich deren durchgängige Widersprüchlichkeit und Gegensätzlichkeit. Für jede moderne Aussage fand sich auch eine antimoderne und für jedes soziale Argument ein biologisches.«
Heiko Stoff, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 71/5_(2023) 20230517