Description
Product details
Authors | Sabrina Janesch |
Publisher | Rowohlt Berlin |
Languages | German |
Product format | Hardback |
Released | 31.01.2023 |
EAN | 9783737101493 |
ISBN | 978-3-7371-0149-3 |
No. of pages | 352 |
Dimensions | 140 mm x 31 mm x 210 mm |
Weight | 438 g |
Subjects |
Fiction
> Narrative literature
> Contemporary literature (from 1945)
Zweiter Weltkrieg, Trauma, Osteuropa, Heimat, Aussiedler, Deutschland, Kasachstan, Russland, Sibirien, Erste Hälfte 20. Jahrhundert (1900 bis 1950 n. Chr.), Sowjetunion, Nomaden, Familienleben, Identität, Familiengeschichte, Russlanddeutsche, Verschleppung, Russland: Sibirien, fünfziger Jahre, Steppe, Vater-Tochter-Geschichte, eintauchen, Erzählerisches Thema: Vertreibung, Exil, Migration |
Customer reviews
-
Vergangenheitsbewältigung - HB Rezension
Zum Hörbuch:
Josef Ambacher hat als Kind schreckliches erlebt, er kam am Ende des zweiten Weltkrieges mit seiner Familie nach Kasachstan in Kriegsgefangenschaft. Dadurch hat er immer Ängste zu kämpfen.
Das Wort Sibir schwebte immer über ihnen.
Seine Tochter wächst in einer Siedlung in einer Kleinstadt auf und hat doch immer wieder das Gefühl fremd zu sein.
Eine Aussiedlergeschichte.
Meine Meinung:
Die Geschichte wird aus zwei Zeitebenen erzählt, einmal Josefs Kindheit, einmal Lailas. Ich fand es ganz interessant was Josef alles erlebt hat, eine berührende Geschichte und eine spannende Zeit.
Die Sprecherin hat eine sehr angenehme Stimme, die Geschichte hatte allerdings auch seine Längen. Ich finde solche Geschichten immer ganz interessant und auch diese war geschichtlich ganz gut recherchiert. Es war ganz gut erzählt, die Vergangenheit fand ich tatsächlich interessanter als die Zeit in der Kleinstadt. So ganz war es nicht meine Geschichte.
-
Schwierig
Das Buch behandelt die Familiengeschichte der Autorin. Ihr Vater wurde nach dem II. Weltkrieg als Zehnjähriger mit seiner Familie nach Sibirien, speziell nach Kasachstan, verschleppt. Sie selbst erlebt 1990, wie sogenannte Russlanddeutsche in ihren Heimatort kommen.
Das Buch war für mich in mehrerer Hinsicht schwierig. Ich wusste nichts davon, dass nach dem II. Weltkrieg nicht nur Kriegsgefangene bzw. Kriegsverbrecher nach Sibirien gekommen sind, sondern auch Kinder, Frauen, Alte und Kranke. So gesehen, habe ich aus dem Buch viel gelernt. Auch die Parallelen der Familien nach dem II. Weltkrieg und der nach der Wende nach Deutschland kommenden Russlanddeutschen waren frappierend. Das war für mich das Positive an dem Buch. Auch die Berichte über das damalige Leben in Kasachstan waren interessant. Auf der anderen Seite hatte ich aber große Schwierigkeiten mit dem Lesen. Ich kam nur sehr schwer vorwärts und fand es ungeheuer zäh. Oft hatte ich das Gefühl, ich lese gegen eine Wand an. Ich kann nicht genau sagen, warum das so war. Deshalb kann ich auch nicht wirklich eine Leseempfehlung aussprechen. -
Dschinn der Steppe
Die deutsch-polnische Schriftstellerin Autorin Sabrina Janesch verwebt in ihrem packendem Roman „Sibir“ zwei Geschichten des Erwachsenwerdens in sehr unterschiedlichen Zeiten sowie Ländern und beleuchtet dabei bewegend die Geschichte der „Russlanddeutschen“.
Als Leila bemerkt, dass ihrem Vater die Erinnerungen an Früher durch seine Demenzerkrankung langsam verlorengehen und er stattdessen verwirrte Stimmen aus der Vergangenheit wahrnimmt, beschließt sie, seine außergewöhnliche Geschichte des Zwangsaussiedelns und Wiederankommens in Deutschland niederzuschreiben. Josef Ambacher ist ein sogenannter Russlanddeutscher: Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er als 10-jähriger von der Roten Armee mit seiner Familie und vielen weiteren Zivilgefangenen aus Galizien nach Kasachstan zwangsumgesiedelt. Schon alleine die weite Anfahrt im Zugwaggon haben viele nicht überlebt – auch sein kleiner Bruder Jakob. Doch was die Menschen verschiedenster Kulturen gemeinsam in dieser Siedlung Nowa Karlowka in der irrsinnig weiten, rauen Steppe erleben, um zu überleben, ist erzählerisch atemberaubend und menschlich dramatisch.
Sabrina Janesch verknüpft das Heranwachsen von Josef in Kasachstan mit den Erlebnissen von seiner Tochter Leila im jeweils gleichen Alter, stellt die Steppe in Bezug auf eine Randsiedlung in Mühlheide, Niedersachsen. Als Josef mit Ende des Eisernen Vorhangs in Deutschland die vielen ankommenden Spätaussiedler in seiner Heimat sieht, wird er frontal mit seiner eigenen Vergangenheit und Ängsten konfrontiert. Denn er hat gelernt, über sein Leben in Kasachstan zu schweigen – nur Tochter Leila kann von seinen bewegenden, abenteuerreichen und teils tragischen Geschichten, den Dschinn der Steppe, nicht genug bekommen.
Aus abwechselnden Perspektiven entwirft Janesch in einer beeindruckenden, poetischen und bildhaften Sprache ein tiefgreifendes Bild über Heimat, Identität, Vertreibung, familiären Verstrickungen, unterschiedlichen Kulturen, Freundschaft und Mut. Besonders die eindringlichen Schilderungen aus Kasachstan sind sehr dicht, plastisch und soghaft – faszinierend komponiert Janesch das harte Leben in der kasachischen Steppe mit wilden Tieren, Mythen, kulturellen Traditionen und Wetterphänomenen. Leilas Kindheit in den 1990er-Jahren ist geprägt von ihrer Freundschaft zu Arnold, mit dem sie viel Zeit draußen verbringt und alles teilen kann und doch empfindet sie ihr Heranwachsen als hart und ausgegrenzt. Mit assoziativen Schlaglichtern zieht Janesch Anknüpfungspunkte aus Kasachstan zu Leilas Leben in Norddeutschland, was nicht immer ganz rund erscheint, da beide Lebensumstände nicht wirklich zu vergleichen sind.
„Sibir“ glänzt vor allem durch eine sprachliche Wucht und Versiertheit – Bilder der unendlichen Steppe tauchen beim Lesen auf und gleichzeitig lenkt Janesch präzise recherchiert den Blick auf ein Stück wichtige deutsch-russische Geschichte und autofiktional auf ihre eigene Familiengeschichte. Über Jahrzehnte hinweg rollt sie feinfühlig auf, wie verdrängte Kriegstraumata auf die nächste Generation weitergegeben werden und welchen Überlebenswillen Menschen auch in der härtesten Umgebung und Ausgrenzung entwickeln. Ein tiefsinniger, kraftvoller und sehr sinnlicher Roman mit einem berührenden Ende und der dazu einlädt, sich noch tiefer mit der Zeitgeschichte und Entwurzelungstraumata zu beschäftigen. -
Beeindruckende Erinnerungen
1945. Hunderttausende Kriegsgefangene werden nach Sibirien geschickt. So auch Josef Ambacher. Er lernt mit der Steppe zu leben, kommt einigermaßen zurecht und hat das Glück, irgendwann wieder nach Deutschland zurückzukehren.
Anders als viele Deutschstämmige die erst in den neunziger Jahren mach Deutschland reisen konnten und in eine völlig neue Kultur kommen. Josef hilft vielen sich zurechtzufinden.
Eine sehr berührende und bewegende Geschichte in zwei Zeitebenen erzählt.
Es ist ein ruhiger, leiser Roman der trotzdem sehr viel Atmosphäre hat und mit viel Gefühl erzählt was alles passierte und wie sich die Spätheimkehrer fühlten. In der Heimat und doch Fremde.
Ein geschichtlich sehr interessantes Buch, man erfährt viel über die Zeit nach dem Krieg aber auch über die Deutschstämmigen Heimkehrer. Mich interessiert die deutsche Geschichte sehr und ich lese gerne solche Berichte. Ich fand es jedenfalls sehr berührend und interessant.
-
Wow!
"Sibir" von Sabrina Janesch ist ein faszinierender historischer Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert und die Reise einer Gruppe deutscher Auswanderer in die unwirtliche Wildnis Sibiriens während der Stalin-Ära erzählt. Janesch hat offensichtlich intensiv recherchiert, um die historischen Ereignisse und Umstände dieser Zeit genau darzustellen, und sie schafft es, die Leser:innen mit der Geschichte und dem Schicksal ihrer Charaktere zu fesseln.
Besonders beeindruckend ist die Sprache, die Janesch benutzt. Sie ist poetisch, aber dennoch klar und präzise, und sie verleiht den Beschreibungen der Landschaft und der Charaktere eine außergewöhnliche Tiefe und Schönheit. Die Leser:innen werden mit in die eisige Wildnis genommen und können die harten Lebensbedingungen der Auswanderer hautnah miterleben. Doch auch die zwischenmenschlichen, zarten Seiten werden subtil beleuchtet.
Insgesamt ist "Sibir" ein bewegendes Buch, das nicht nur historisch genau ist, sondern auch eine berührende Geschichte erzählt. Janesch versteht es, historische Ereignisse mit fiktiven Charakteren zu verweben, um ein mitreißendes Werk zu schaffen, das den Leser:innen noch lange im Gedächtnis bleibt.
-
Wichtiges Kapitel deutsch-russischer Geschichte
Sabrina Janesch erzählt in ihrem neuen Roman "Sibir" die Geschichte der Familie Ambacher.
Im Hier und Jetzt erfährt Leila in einem Telefonat mit ihrer Mutter, dass ihr Vater, der über 80jährige Josef, wegen seiner fortgeschrittenen Demenz nicht mehr daheim bleiben kann. Die Mutter bittet ihre Tochter, nach Hause zu kommen. Leila packt ihre Sachen und macht sich auf den Weg. Sie bleibt und beginnt damit, die Lebensgeschichte des Vaters schriftlich festzuhalten.
Die weitere Handlung wird auf zwei Zeitebenen erzählt:
Wir schreiben das Jahr 1945, es ist Frühling, als der 10jährige Josef Ambacher mit seiner Familie von Soldaten der Roten Armee nach Sibirien verschleppt wird. Bei der Ankunft in Kasachstan verschwindet seine Mutter Emma in den Schneewehen spurlos. Die Familie, die gefangen ist in einem gnadenlosen System, in dem sie nicht mehr deutsch sprechen darf, kämpft in einem kleinen Dorf ums Überleben und versucht, sich in der kargen Region ein neues Leben aufzubauen. Erst 1955 darf die Familie nach Deutschland zurückkehren.
1990, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, kommen deutschstämmige Aussiedler aus Kasachstan nach Mühlheide, dem Ort, in dem Josef nach seiner Rückkehr aus Kasachstan eine neue Heimat gefunden hat. Er arbeitet als Programmierer, ist mit der Polin Agnieszka verheiratet und hat eine Tochter, Leila. Es ist ihm ein großes Bedürfnis, den Neuankömmlingen zu helfen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden.
Der Teil der Geschichte um Josef Ambacher, der in Kasachstan spielt, ist für mich der fesselndste Teil des Buches. Leider erstreckt sich die Handlung lediglich auf einen Zeitraum von etwa einem Jahr. Das gleiche gilt für die Parallelgeschichte, in der Josef eher eine Nebenrolle spielt. Im Fokus steht seine Tochter Leila. Auch hier erstreckt sich die Handlung auf die Dauer eines Jahres. Wir begleiten in erster Linie Leila und ihren Freund Arnold auf ihren gemeinsamen Streifzügen.
Ich hatte mir von dem Buch mehr versprochen und hoffte auf eine interessante Lebensgeschichte des Josef Ambacher. Stattdessen wird nur über zwei Jahre seines Lebens erzählt. Die Schilderungen über Leila und ihre Freunde langweilten mich sehr schnell, viel lieber hätte ich mehr über das Leben von Josef gelesen. Wie verlief seine Jugend, wie gestaltete sich die Rückkehr nach Deutschland und sein weiteres Leben? Das alles hätte mich sehr interessiert. Das unverhoffte Zusammentreffen am Ende war für mich ein schöner und berührender Abschluss.
Das Buch, in dem es auch um Schuld und Sühne geht, ist sehr anspruchsvoll. Die Autorin hat einen brillanten Sprachstil, etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich allerdings die abrupten Zeitenwechsel innerhalb der einzelnen Kapitel.
-
Nomadisieren
Für Familiengeschichten vor dem Hintergrund der Weltgeschichte bin ich immer gerne zu haben. Dieses Große im Kleinen, dieses Umfassende, die Erfahrungen der vergangenen Generationen, die bis in die Gegenwart nachwirken, bietet für mich meistens die Grundlage einer bewegenden Geschichte, wie sie hier von Sabrina Janesch in "Sibir" großartig erzählt wird.
Die Weite, Stille, unvorstellbare Kälte und sengende Hitze der Steppe Kasachstans und die Stärke der Menschen, die dort leben, weil es ihre Heimat ist, oder weil sie dorthin verbannt wurden, ist unmittelbar spürbar. Es lässt einen im Angesicht von Unwirtlichkeit und politischer Gefahr in der Sowjetunion der Nachkriegszeit schaudern, aber gleichzeitig auch die Nostalgie einer herumstromernden Jugend in Freiheit und Selbstbestimmtheit nachfühlen, wie Josef sie erlebt hat. Diese Jugendzeit, die man als Kind nur als Abenteuer verarbeiten kann, spiegelt sich erstaunlich in der Jugend seiner Tochter Leila, aufwachsend am Stadtrand eines niedersächsischen Ortes in den 1990er Jahren. Beide Zeiten sind auf ihre Art wirklich spannend und nachvollziehbar dargestellt.
Sehr bedrückend wird deutlich, dass die Russlanddeutschen und Spätaussiedler durch die deutsche und europäische Geschichte zu Heimatlosen und überall Fremden gemacht wurden, die, zu Deutsch in den Ländern der Sowjetunion, zu Russisch später in Deutschland, nirgendwo richtig dazu gehören und sich am Rande der bestehenden Gesellschaften auf ihre eigenen Gemeinschaftsstrukturen verlassen. Vielleicht gehören sie aber statt keiner gleich drei Kulturen an, wie durch Josefs Sammeln der Wörter auf Deutsch, Russisch und Kasachisch annehmen lässt.
Die Lektüre hat mich daran erinnert, dass auch wir in den 90er Jahren von einem Tag auf den anderen vier "russische" Kinder in unsere Schulklasse bekommen haben, was damals soweit ich weiß allerdings nicht wirklich thematisiert oder irgendwie erklärt wurde. Auch diese Kinder sind mehr oder weniger für sich geblieben, dabei weiß ich nicht einmal, ob sie sich vorher eigentlich kannten, oder in dieser Situation aneinander festgehalten haben. Ich habe das Gefühl, dass ich mir jetzt, rückblickend für mein jüngeres Ich, sehr viel mehr vorstellen kann, was diese Familien wohl erlebt und gefühlt haben.
Das Coverbild des Buches lässt mich ein bisschen rätseln, die Forelle (?) taucht im Text auf, aber ihre Bedeutung entzieht sich mir noch.
"Sibir" ist eine starke, berührend erzählte Geschichte mit sehr interessanten Figuren in allen Erzählebenen.
Auch die von Julia Nachtmann stimmig und angenehm eingelesene Hörbuchversion kann ich sehr empfehlen, auch weil der Klang der kasachischen Eigennamen mir sehr gut gefallen und die Atmosphäre sehr passend ergänzt hat.
Write a review
Thumbs up or thumbs down? Write your own review.