Description
Product details
Authors | Lauren Groff |
Assisted by | Stefanie Jacobs (Translation) |
Publisher | Claassen Verlag |
Original title | Matrix |
Languages | German |
Product format | Hardback |
Released | 01.09.2022 |
EAN | 9783546100373 |
ISBN | 978-3-546-10037-3 |
No. of pages | 320 |
Dimensions | 136 mm x 38 mm x 212 mm |
Weight | 434 g |
Subjects |
Fiction
> Narrative literature
> Contemporary literature (from 1945)
Kloster, Feminismus, Solidarität, Glaube, Vision, Gemeinschaft, Frankreich, England, Krankheit, entspannen, Fiktion: Inspiriert oder adaptiert von, Nonnen, Abtei, Erzählerisches Thema: Identität / Zugehörigkeit, Lauren Groff |
Customer reviews
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Unerwartet schwierig
Lauren Groffs Geschichte um die adlige Marie, die im 12. Jahrhundert zu einem Leben als Nonne gezwungen wird, hatte eigentlich alles und doch ist es bei mir nicht besonders gut angekommen. Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich mich wirklich in die Geschichte eingefunden hatte, da war ca. ein Drittel der Handlung bereits vorbei. Und ich musste auch jedes Mal, wenn ich das Buch weglegte und danach erneut zur Hand nahm, wieder hineinfinden, was für mich deutlich am Schreibstil lag. Das ganze Buch ist im Präsenz geschrieben, was ich für einen historischen Roman als nicht besonders passend empfinde. Ich weiß, dass Lesende sich damit direkt im Geschehen befinden sollen, aber es ist immer noch ein historischer Roman, die Dinge sind vergangen und dürfen und sollten auch gerne so geschildert werden. Schwierig war für mich außerdem die Abwesenheit von direkter Rede mit Anführungszeichen. Das hat das Lesen für mich zusätzlich erschwert, weil ich nie so richtig sicher sein konnte, welche Person sich äußert, oder ob es nur Gedanken sind. Maries Charakterentwicklung von der jungen Frau, die im Kloster nur ihr Verderben sieht, bis zur Äbtissin, ist durchaus nachvollziehbar. Was ich jedoch schade fand, war, dass die anderen Nonnen im Gegensatz zu Marie doch eher blass bleiben und jede nur ein oder zwei definierende Charaktereigenschaften besaß. Dementsprechend ist mir auch keine besonders im Kopf geblieben. Das Leben im Kloster ist anschaulich beschrieben, da hätte es für mein Dafürhalten aber auch gerne etwas mehr Alltag geben können. So wurden fast nur die besonderen Momente geschildert, das war mir zu wenig. Das Ende war - wie aber auch erwartet - sehr anti-klimatisch. Es plätscherte so vor sich hin und dann war es irgendwie vorbei. Nicht, dass ich noch einen Paukenschlag am Ende gebraucht hätte, aber der Ausklang des Buches hat nicht dazu beigetragen, dass es mir lange im Kopf bleiben wird. Grundsätzlich ein netter historischer Roman, der mir aber nicht viel Mehrwert gebracht hat.
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Eine Vision
Marie ist die illegitime Halbschwester von Königin Eleonore. Sie darf nur kurze Zeit am Hof verbringen, dann wird sie nach England in ein Kloster geschickt. Dort soll sie als Priorin verbleiben. Das Kloster ist mehr als bettelarm und die erste Zeit ist für Marie einfach nur furchtbar. Doch nach und nach besinnt sie sich auf ihre eigene Kraft und fängt an, das Kloster nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Die Geschichte ist fiktiv und könnte sich trotzdem so zugetragen haben. In einer von Männern dominierten Welt gab es einige wenige Frauen, die Einfluss und Macht besaßen. Sei es als Königin oder sei es als Äbtissin eines der größeren Klöster. Doch diese Macht war oft gefährlich und musste mit viel List eingesetzt werden. Das Buch beschreibt eine Frau, die ihre Macht nach und nach erkennt und einsetzt, um anderen Frauen ein gutes Leben zu ermöglichen. Das ist gut beschrieben und zeigt auch die Macht und Fantasie der Frauen innerhalb und außerhalb des Klosters. Es ist eine interessante Version und gut lesbar. Vieles lässt sich auf die heutige Zeit übertragen.
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Utopie von sakraler Wucht
Zuallererst: Lauren Groff hat mit "Matrix" keine der üblichen Mittelalter-Romanzen nach modernem Strickmuster geschrieben, in der die Protagonistin sich als starke Frauenfigur nach heutigem Rollenbild versteht. Ihre Heldin ist, trotz aller Radikalität ihrer weltlichen Ansichten, fest im damaligen Mikrokosmos aus Kirche und Obrigkeit verwurzelt - sie bewundert ihre Königin, das entgangene Leben am Hof, die Kunst der Minne und die Frauen, die sich der Etikette ihrer Zeit verschrieben haben. Und doch passt sich Marie dem Leben an, das ihr zuerst aufgezwungen wird: Aus dem ärmlichen Kloster voller hungernder Nonnen macht sie im Laufe der Jahrzehnte, fern der Orte und Ereignisse von wirklich weltpolitischer Bedeutung, eine Trutzburg früher feministischer Selbstverständlichkeit. Natürlich hat es die Person Marie de France einst wirklich gegeben, doch die niemals eindeutig identifizierte historische Poetin und Visionärin dürfte nur wenig mit Groffs ungelenker und herber Halbamazone zu tun haben, die sich nach Akzeptanz bei Hofe sehnt und ob ihrer wenig attraktiven Erscheinung dennoch, gerade 17 Jahre alt, von ihrer geliebten Königin Eleanore von Aquitanien in die Quasi-Verbannung geschickt wird. Lange wünscht sich Marie zurück in den wärmenden Schoß ihres einst so privilegierten Lebens. Die Jahre vergehen, die glückliche Vergangenheit erscheint immer ferner und immer noch hält die Äbtissin an ihrem Traum fest. Doch nebenher widmet sie sich unbeirrt und mit immer größerer Leidenschaft ihren Schwestern im Kloster, verbessert ihr Leben, macht die Frauen zu starken Persönlichkeiten und erschafft so auf die ihr einzig mögliche Weise einen Ort, an dem Wissen und Aufklärung gedeihen. Eine Utopie, sicher, aber eine Utopie von einzigartiger Kraft! Ungewöhnlich ist an "Matrix" auch der Stil. Durchgängig im Präsens und in indirekter Rede erzählt, rafft Groffs Roman oft Jahrzehnte auf wenigen Seiten zusammen, berichtet nüchtern und ohne wirklich erkennbaren Bogen von Geschehnissen, aus denen andere eine ganze Geschichte gewoben hätten und bleibt dennoch dicht an seiner Protagonistin, reflektiert mit seinem sperrigen Sätzen, die bald einen eigenwilligen Sog entfalten, die kantige Persönlichkeit der Äbtissin Marie, die auf angenehm realistische Art nicht in ihre Zeit passt. Andererseits gelingt der Autorin so auch ein Weltenbau, der auf unnachahmliche Weise ein Bild des Mittelalters jenseits aller Klischees entwirft - nicht nur Dreck, Hunger und Krankheiten werden regelrecht greifbar, ohne den typischen "Misery Porn" aktueller Geschichtsschmöker zu wiederholen, sondern auch die Gedankenwelt jener Zeit. In der kargen Klösterlichkeit (nach außen und auch nach innen), mit denen sich die Kapitel an den immer gleichen Abläufen der Jahreszeiten abarbeiten und damit einen Rhythmus von geradezu sakraler Wucht erlangen, spiegelt sich der Zustand der realen Welt in einer Mischung aus resignierender Schicksalsergebenheit, emotionalem Aufbegehren, Hilflosigkeit, tiefem Gottesglauben und Tatendrang wider und vermittelt zumindest eine ferne Idee davon, wie unsere Vorfahren sich in einer Gesellschaft behauptet haben, in der ein einzelner Mensch nicht zählte. Das mag einigen Lesern schnell recht zäh und repetitiv erscheinen, aber genau das scheint auch Sinn und Zweck dieser schriftstellerischen Kraftakts - meinen tiefsten Respekt an Lauren Groff: Hut ab vor soviel Fabulierkunst! Wohl noch über die nächsten Jahre ein Buch zum Mitreden.
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