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Die Abhandlung untersucht die Verwertbarkeit nonverbaler Verhaltensweisen von Prozessbeteiligten in der Hauptverhandlung und zeigt auf, dass diese partiell unwillkürlichen Reaktionen - entgegen dem vielfach »ersten Rechtsgefühl« - sowohl für den Fall ihres zufälligen Auftretens als auch für den Fall der gezielten Provokation durch ein Strafverfolgungsorgan vollständig verwertbar sind. Auch wenn entsprechende tatgerichtliche Provokations- und Wahrnehmungsakte im Einzelfall kurios anmuten mögen, sind diese mit dem Regelungskomplex des strafprozessualen Strengbeweisregimes in Einklang zu bringen und in der Rechtspraxis umsetzbar. Der Verwertbarkeit stehen dabei weder Rechtssätze der Strafprozessordnung noch solche der Verfassung entgegen. Insbesondere untersagt auch der Grundsatz des »nemo tenetur se ipsum accusare« nicht per se, im Einzelfall ein »verdächtiges Erröten« auch des schweigenden Angeklagten zu seinen Lasten zu verwerten.
List of contents
1. Nonverbale Verhaltensweisen
Begriffsbestimmung - Zur Funktion und materiellen Bedeutung nonverbaler Verhaltensweisen im Kommunikationsprozess
2. Formale Anforderungen an die Beweiserhebung
Zur Beweisbedürftigkeit nonverbaler Verhaltensweisen - Nonverbale Verhaltensweisen in der Dichotomie von (subjektivem) Personal- und Sachbeweis
3. Erhebungs- und Verwertbarkeitsschranken
Die Justizförmigkeit des Verfahrens als Schranke für »ungewöhnliche« Beweiserhebungen? - Die Schranke des
136a StPO - Das Gebot förmlicher Beweiserhebung und formale Erhebungsschranken für Experiment-Konstellationen? - Der Grundsatz des »nemo tenetur se ipsum accusare« und seine Ausprägungen in
243 Abs. 5 Satz 1, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO und der Mitwirkungsfreiheit - Die Vorschriften der
52, 81c Abs. 3 Satz 1 StPO - Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG - Das Recht auf ein faires Verfahren, Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 20 Abs. 3 GG
4. Zur Bedeutung in der Beweiswürdigung
Nonverbale Verhaltensweisen als Bestandteil des Inbegriffs der mündlichen Verhandlung - Aspekte im Rahmen der freien Beweiswürdigung
5. Schlussbemerkung
Literatur- und Sachwortverzeichnis
About the author
Helge A. Wiechmann studierte von 2012 bis 2017 Rechtswissenschaften (Schwerpunkt: Steuer-, Wirtschafts- und Medizinstrafrecht) mit wirtschaftswissenschaftlicher Zusatzausbildung (Schwerpunkt: Steuern & Unternehmensfinanzierung) an der Universität Bayreuth. Nach Abschluss des Ersten Juristischen Staatsexamens im Juli 2017 verfasste er seine Dissertation im Bereich des Strafprozessrechts bei Prof. Dr. Brian Valerius und war daneben von 2017 bis 2020 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. Nina Nestler tätig. Seit Oktober 2020 ist er Rechtsreferendar beim Freistaat Bayern im OLG-Bezirk Bamberg und zugleich nebenberuflicher Lehrbeautragter der Universität Bayreuth.
Report
»Mit dem hier rezensierten Werk hat Wiechmann nachweislich die Ära des zu Beginn konstatierten Schattendaseins der behandelten Thematik treffsicher und verdient beendet.« Anke Arkenau, in: Kriminalpolitische Zeitschrift, Heft 4/2022