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Mit den Postkarten von den Toten richtet Franco Arminio den Blick aufs Leben vom Ende her, vom Tod – dieser Sache, die vielleicht alles regiert, diesem Nichts, das alles stürzt und alles zerfrisst. Indem er den Toten eine Stimme gibt, vielmehr, indem er ihnen die Möglichkeit gibt, sich mit einer letzten Postkarte an die Lebenden zu wenden, bringt er die Toten in den Alltag zurück. Er nimmt dem Tod seinen Schrecken, weil er mit diesen Postkarten zeigt, dass der Tod genauso banal sein kann, wie wir ihn uns erhaben wünschen, dass er genauso absurd komisch sein kann, wie er für uns gemeinhin düster traurig ist. Die Postkarten geben uns eine Zusammenfassung der unzähligen Arten zu sterben. Und weil wir uns das Jenseits ja gar nicht vorstellen können, ist es umso erhellender, wenn wir durch die eine oder andere Postkarte erfahren, was die Toten von diesem Jenseits halten.
Wenn auch die Postkarten fiktiv sind, so ist doch Arminios Umgang mit den Toten sehr real. Immer wieder geht er zum Friedhof in seinem Dorf und holt dort einen Toten ab für einen kleinen Spaziergang. Sie unterhalten sich über dies und das, dann begleitet er ihn zurück auf den Friedhof und überlässt ihn wieder seiner Totenruhe.
Mit den Postkarten von den Toten erhalten deutschsprachige Leser*innen erstmals Gelegenheit, Texten von Franco Arminio zu begegnen.
About the author
Franco Arminio (*1960) stammt aus dem Bergdorf Bisaccia. Dieses liegt auf einem der Hügel, die das vielfach verzweigte Hinterland zwischen Neapel und Bari prägen. Dort lebt er auch heute noch. Als Paesologo, als Dörfler also, setzt er sich ein für die Siedlungsform des Dorfes, die zu verschwinden droht. Hat er früher als Grundschullehrer in Bisaccia unterrichtet, ist er heute einen Grossteil des Jahres unterwegs, um bei Incontri, Begegnungen und Lesungen, in ganz Italien aus seinen Büchern zu lesen. Bei jedem Incontro ist nicht nur der Autore dabei, sondern auch der Paesologo.
Summary
Wenn die Toten noch eine letzte Postkarte schreiben: 150 lakonische, berührende, sarkastische, prägnante, lustige und fiktive Botschaften aus dem Jenseits.
Foreword
Das Vorwort von Franco Arminio:
Ich freue mich, dass die Postkarten von den Toten nun auch Leser*innen in der Schweiz finden. Es ist mir das liebste unter meinen Büchern, ich glaube, in ihm habe ich eine Form gefunden, die es vorher nicht gab. Es gibt Bücher, in welchen die Toten über ihr Leben sprechen, ich glaube nicht, dass es Bücher gibt, in welchen der Tote über seinen Tod spricht. Dieses Buch entspringt meinem Schrecken, meiner Angsterfahrung, und dem Umstand, dass ich nie versucht habe, diesen Schrecken mit Medikamenten oder mit Psychotherapie auszulöschen. Ich versuche, guten Gebrauch von meinem Schrecken zu machen, meine Antwort auf die Angst vor dem Tode ist das Schreiben. Das Schreiben hat mich nicht geheilt, aber es hält mich wach und am Leben. Der Schrecken begleitet mich weiterhin, und ich schreibe weiterhin. Ich bin überzeugt, dass das Schreiben ein Medikament sein kann, nicht ein lebensrettendes Medikament, sondern ganz einfach ein Medikament, das uns wachsam hält, offen, bereit, den Zumutungen des Tages und der Zeit zu begegnen.
Ich habe dieses Buch auch geschrieben, weil ich denke, dass wir den Tod nicht verdrängen sollten. Das Verdrängen des Todes ist eine Schande, die wir bekämpfen müssen, indem wir die Toten und die Lebenden verbinden, indem wir den Glanz der Freude mit dem Glanz der Verzweiflung verbinden.