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Der Philosoph und Schriftsteller, der die Bordelle von Paris als seine wahren »Kirchen« betrachtete, zählt zu den kühnsten und beunruhigendsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Die Erotik, ein erzählerischer Langessay zwischen Anthropologie, Geschichtensammlung und Philosophie, ist der Versuch, in der Auseinandersetzung mit seinen wichtigsten Themen, »aus dem fragmentarischen Charakter« seiner früheren Werke »herauszukommen«. Systematisch verknüpft Bataille die sexuelle Basis der Religion mit dem Tod und bietet ein schillerndes Spektrum an Einblicken in Inzest, Prostitution, Ehe, Mord, Sadismus, Opfer und Gewalt sowie Überlegungen zu Freud, dem Marquis de Sade und der Heiligen Teresa. Überall, so Bataille, ist das Geschlecht von Tabus umgeben, die wir ständig überschreiten müssen, um das Gefühl der Isolation zu überwinden, das in uns allen herrscht. »Der menschliche Geist ist den überraschendsten Ansprüchen ausgesetzt. Unaufhörlich hat er Angst vor sich selbst. Seine erotischen Regungen erschrecken ihn. Die Heilige wendet sich entsetzt vom Wollüstigen ab: Sie weiß nichts von der Einheit, die zwischen seiner uneingestehbaren Leidenschaft und ihrer eigenen besteht.«
About the author
Georges Bataille, 1897 in Billom, Puy-de-Dôme geboren, war von 1922 bis 1942 als Bibliothekar an der Bibliothèque nationale tätig, in der er Walter Benjamins Manuskripte versteckte und so vor der Vernichtung rettete. Von Nietzsche und Sade, aber auch von Kojèves Hegel beeinflusst, verfasste er ein in seiner Bandbreite einmaliges Werk. Er starb 1962 in Paris. Ein großer Teil seines Werks ist bei Matthes & Seitz Berlin erschienen.
Gerd Bergfleth, geboren 1936 in Dithmarschen, studierte Philosophie, Literaturwissenschaft und Gräzistik in Kiel, Heidelberg und Tübingen, wo er als freier Schriftsteller und Übersetzer lebte. Seit 1975 war er Herausgeber des theoretischen Werks von Georges Bataille, das er größtenteils auch übersetzte und kommentierte. Er verfasste zudem zahlreiche Aufsätze und Vorträge, die teilweise der 'Tübinger Vernunftkritik' zuzuordnen sind und sich u. a. Marx, Nietzsche und Heidegger, Blanchot, Klossowski, Cioran und Baudrillard widmen. Er starb im Januar 2023.
Michel Surya, 1954 geboren, Schriftsteller und Philosoph, hat neben seiner einschlägigen Biografie zu Georges Bataille (
Georges Bataille: la mort à l'œuvre ) zwei Romane sowie mehrere Erzählungen und philosophische Essays veröffentlicht. 1987 rief er die Zeitschrift
Lignes ins Leben, deren Herausgeber er bis vor Kurzem gewesen ist.
Summary
Der Philosoph und Schriftsteller, der die Bordelle von Paris als seine wahren »Kirchen« betrachtete, zählt zu den kühnsten und beunruhigendsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Die Erotik, ein erzählerischer Langessay zwischen Anthropologie, Geschichtensammlung und Philosophie, ist der Versuch, in der Auseinandersetzung mit seinen wichtigsten Themen, »aus dem fragmentarischen Charakter« seiner früheren Werke »herauszukommen«. Systematisch verknüpft Bataille die sexuelle Basis der Religion mit dem Tod und bietet ein schillerndes Spektrum an Einblicken in Inzest, Prostitution, Ehe, Mord, Sadismus, Opfer und Gewalt sowie Überlegungen zu Freud, dem Marquis de Sade und der Heiligen Teresa. Überall, so Bataille, ist das Geschlecht von Tabus umgeben, die wir ständig überschreiten müssen, um das Gefühl der Isolation zu überwinden, das in uns allen herrscht. »Der menschliche Geist ist den überraschendsten Ansprüchen ausgesetzt. Unaufhörlich hat er Angst vor sich selbst. Seine erotischen Regungen erschrecken ihn. Die Heilige wendet sich entsetzt vom Wollüstigen ab: Sie weiß nichts von der Einheit, die zwischen seiner uneingestehbaren Leidenschaft und ihrer eigenen besteht.«
Additional text
»Von Sartre wurde [Bataille] verächtlich als ›Mystiker‹ bezeichnet. Genau dieser Hang zum Mystischen ist es aber, der die Lektüre zu einem prägenden Erlebnis werden lässt. Man kann Matthes & Seitz nur danken, dass diese dunkle Perle, angereichert mit allerlei ergänzenden Texten, neu veröffentlicht wurde (wie übrigens ein Großteil seines Schaffens).« – Matthias Pfeiffer, Münchner Feuilleton
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»Von Sartre wurde [Bataille] verächtlich als 'Mystiker' bezeichnet. Genau dieser Hang zum Mystischen ist es aber, der die Lektüre zu einem prägenden Erlebnis werden lässt. Man kann Matthes & Seitz nur danken, dass diese dunkle Perle, angereichert mit allerlei ergänzenden Texten, neu veröffentlicht wurde (wie übrigens ein Großteil seines Schaffens).« - Matthias Pfeiffer, Münchner Feuilleton Matthias Pfeiffer Münchner Feuilleton 20211001