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"Ich bin Traditionalist", schrieb Peter Weiss einmal, "weil ich nicht das Entscheidende in einem einzelnen Werk sehe, sondern weil das eigentlich Vitale für mich in dem verflochtenen Muster liegt, in dem alles aufeinander einwirkt und sich gegenseitig zu neuen Inhalten und Formen anregt". In diesem Sinne geht die Studie den historischen Anschauungsformen nach, die Weiss in seinen literarischen Texten zur Geltung bringt und in der "Ästhetik des Widerstands" kulminieren läßt. Chronologisch folgt sie einzelnen Stationen des Werkes, um systematisch jene Kategorien abzuleiten, die den Nutzen und Nachteil der Historie für das Schreiben markieren. Im Begriff der Geschichte, der hier zum erstenmal in seiner Bedeutung als Interpretationslinie für das Werk von Weiss erkannt wird, vertiefen die Analysen nicht nur das Verständnis der formalthematischen Besonderheiten der einzelnen Texte. Sie zeigen vielmehr auch den Zusammenhang jenes verflochtenen Musters, in dem historische Anschauungsformen li terarische Verfahren motivieren. Von hier aus beantwortet der Autor in Rekapitulation aktueller historiographischer Theorien schließlich die Frage, warum die "Ästhetik des Widerstands" zwar ein Jahrhundertroman, nicht aber Geschichtsschreibung genannt zu werden verdient. Damit stellt die Studie das Oeuvre eines der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller dieses Jahrhunderts in die virulenten Diskussionen um das Ende einer Geschichte, die nicht vergehen will.