Read more
Weihnachtstage mit Rilke - das sind die festlichen Stunden in der Kindheit in Prag, an die er sich in den Briefen an die exzentrische Mutter erinnert. Nur hier hatte er eine Festtagsatmosphäre im herkömmlichen Sinne erlebt, mit Glockenklang, geschmücktem Tannenbaum und Geschenken. Später erfüllten selbstgewählte Einsamkeit und Stille die Dezembertage und den Heiligabend, an dem er an Freunde, Verleger, Familienmitglieder und Bekannte oft umfangreiche Briefe schrieb. Nur nach der Geburt der Tochter Ruth feierte er zusammen mit seiner Frau, der Bildhauerin Clara Westhoff, ein familiäres Weihnachtsfest, das erste "seit lange seit der fernen Kindheit", wie er dem Malerehepaar Modersohn anvertraute. Adressaten seiner Weihnachtsbriefe sind u. a. Gerhart Hauptmann, Gräfin Franziska zu Reventlow, Fürstin Marie von Thurn und Taxis-Hohenlohe, Lou Andreas-Salomé, Jacob Burckhardt. Zahlreiche weihnachtliche Gedichte bereichern die Auswahl.
About the author
Rainer M. Rilke (1875-1926), der Prager Beamtensohn, wurde nach einer erzwungenen Militärerziehung 1896 Student, zuerst in Prag, dann in München und Berlin, weniger studierend als dichtend. Die kurze Ehe mit der Bildhauerin Clara Westhoff in Worpswede löste er 1902 auf. Er bereiste darauf Italien, Skandinavien und Frankreich. In Paris schloß er Bekanntschaft mit Rodin und wurde dessen Privatsekretär. Bereits nach acht Monaten kam es zum Bruch. Es folgten unstete Jahre des Reisens mit Stationen in verschiedenen Städten Europas. Nach seinem Entschluß zur Berufslosigkeit und zu einem reinen Dichterdasein war Rilke zu jedem Verzicht bereit, wenn es dem Werk galt. Er opferte sein Leben seiner Kunst und gewann Unsterblichkeit, indem er unerreichte Sprach- und Kunstwerke schuf.§Im Ersten Weltkrieg war er zur österreichischen Armee eingezogen, wurde aber aufgrund seiner kränklichen Konstitution in das Wiener Kriegsarchiv versetzt. Rilke starb nach langer Krankheit in Val Mont bei Montreux.
Antje Erdmann-Degenhardt, geb. 1944, ist als Juristin in Schleswig-Holstein tätig und hat zahlreiche landeskundliche und rechtswissenschaftliche Aufsätze und Bücher veröffentlicht. Den Dichtern und darstellenden Künstlern des 19. Jahrhunderts gilt ihr besonderes Interesse, ebenso wie der regionalen, literarisch dokumentierten Küche.