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Excerpt from Zur Sprachlichen Ästhetik der Griechen: Die Lehre von den Stilarten
Geistesbildung, der Kenntnis und klaren Beherrschung aller unserer geistigen Funktionen. Unter diesen stehen die der ästhetischen Urteilskraft nicht in der letzten Linie. Man wolle auch das nicht geltend machen, daß in Deutschland Lessings Laokoon und Hamburgische Dramaturgie sowie Kants Kritik der Urteilskraft vor dem Höhepunkte unsrer klassischen Dichtungsepoche, als welchen wir das zehnjährige Zusammenwirken Goethes und Schillers zu betrachten haben und vor dem Höhepunkt der bildenden Künste welcher durch die Namen Schinkel, Rauch und Cornelius bezeichnet wird, erschienen sind. Denn es ist klar, daß jene Deduktionen in den modernen europäischen Kulturentwickelungen, deren Gang durch Einwirkungen vergangener (wie im Laokoon) oder ausländischer Kulturen (wie in der Hamb. Dramaturgie) vielfach beein¿ußt wird, nicht wenige Ausnahmen erleiden müssen. Sie treffen aber zu bei einem Volke, das, mit Kunstsinn und wissenschaftlichem Streben ausgestattet unter einem glücklichen Himmel ohne beträchtliche Störungen und Beein¿ussungen von außen sein geistiges Dasein voll ausleben konnte: bei den Griechen hat sich jene Entwick_elung durchaus folgerichtig vollzogen. Wir dürfen von der natürlichen Asthetik bei den Horern der Homerischen Rhapsoden, den Freunden des Alcaeus und der Sappho, bei den attischen Theaten, bei den Bewunderern des Pheidias und Polyklet sehr viel voraussetzen, wenn auch die wenigen Anekdoten darüber und die Einzelheiten bei den Dichtern (nament lich Homer und Aristophanes) nur eine schwache Ahnung von dem Reichtum dieses Lebens zu geben vermögen. Die methodische Ästhetik trat erst im philosophischen Zeitalter auf als die Blüte der Dichtkunst vorüber war und die größten Meister der plastischen Künste gelebt hatten, und trieb sogleich jene beiden mächtigen Stämme, die bis in unsre Zeit hineinragen. Mannigfach ihre Zweige verschlingend und stützend, nicht selten auch Luft und Licht einander bestreitend¿) beide jedoch fruchtbar und lebenswert: die Spekulative Ästhetik, vermöge deren Plato zur Idee des Schönen vorzudringen strebte und das schmerzlose Nirwana des ästhetischen Genusses ent deckte) und die empirische Asthetik, deren ältesten Niederschlag wir in der Poetik und zum Teil in der Rhetorik des Aristoteles besitzen.
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