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"Il Borgo" heißt eine alte Villa über dem Meer. Sie ist zur Festung geworden, seit das Land ringsum verrückt spielt und der einzigen bei Verstand gebliebenen Person, dem Erzähler, einen Belagerungszustand aufgezwungen hat. Er irrt durch die "Zimmer der Vergangenheit" und fühlt sich von den Nachbarn observiert - ein isolierter Bürger und Intellektueller, der sich vor der anbrandenden Barbarei in seinem Haus verbarrikadiert.
Bora Cosic schildert in sieben Kapiteln die Urszenen des osteuropäischen Daseins. Der Mensch in der Warteschlange: Steht er nicht wie vor den Toren des Paradieses? Die übervollen Magazine: Sind das nicht die Dinge, die bei Hausdurchsuchungen, Verhaftungen, Deportationen eingesammelt wurden? Das durch Bombardierung halbierte Haus: ein Puppenheim, das sich in den Wartesaal der Geschichte verwandelt hat?
Das Land Null, ein radikales Alterswerk, vollzieht den endgültigen Abschied von Belgrad, dem einstigen Schauplatz einer europäischen Avantgarde, der auch der Autor angehörte. In verblüffenden Bildern beschwört er den Zustand der Ereignislosigkeit, der Leere, der Monotonie, des Wartens, der wie ein verhangener Himmel über dem östlichen Europa lastete.
About the author
Bora Cosic, geb. 1932 in Zagreb, wuchs in Belgrad auf. Er absolvierte ein Studium der Philosophie an der Universität Belgrad. In den 1950er und 1960er Jahren war er Mitarbeiter und Redakteur verschiedener literarischer Zeitschriften (Mlada kultura, Delo, Knjizevnost, Knjiizevne novine, Revija Danas). Später arbeitete er in der dramaturgischen Abteilung der Belgrader Produktionsfirma Avala Film.§1992 verließ Cosic Serbien aus Protest gegen das Milosevic-Regime und ging nach Rovinj (Kroatien), später nach Berlin.§Seit 1999 ist er als Kolumnist für die Spliter Wochenzeitung 'Feral Tribune' tätig.§2002 wurde er mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet, 2008 erhielt er den 'Albatros' der Günter-Grass-Stiftung und 2011 wurde er mit dem 'Internationalen Stefan-Heym Preis' geehrt.
Katharina Wolf-Grießhaber wurde 1955 in Stuttgart geboren. Sie studierte Slavistik und Osteuropäische Geschichte in Heidelberg und Bochum. Heute lebt und arbeitet sie als freie Übersetzerin in Münster. Zu den von ihr übersetzten Autoren aus dem osteuropäischen Sprachraum zählen u.a. Bora Cosic, Danilo Kis, Bogdan Bogdanovic, Slavenka Drakulic und Dzevad Karahasan. 2008 erhielt Katharina Wolf-Grießhaber den "Albatros Preis".
Report
" Das Land Null ist mehr als eine Abrechnung, mehr als die Bilanz eines an widrigen Verhältnissen gescheiterten Lebens, Bora Cosic' Endspiel ist die Wiedereröffnung jenes Gerichtstags über die condition humaine, den Franz Kafka und Samuel Beckett angesetzt hatten und dessen Dringlichkeit uns im spielerischen Laisser-faire der Postmoderne verblasst zu sein schien.[...]
Der Leser dieser Studie über den Stillstand erfährt sowohl vom Holocaust wie von den Bürgerkriegen im ehemaligen Jugoslawien – zwischen diesen Extrempunkten erstreckt sich, was sich in emblematischen Bildern in diesem Buch entfaltet. Es ist, als wären Kafkas und Becketts Bilder vom sinnlosen Warten so weit überdehnt, dass der Moment des Erschreckens sich ausweitet in die Lebensbilanz.
Bora Cosic' Buch „Das Land Null“ ist der erste Text, der uns Einblick gibt in den Mikrokosmos der vielfach vernutzten Leben in jenem kranken Teil Europas, der uns nach wie vor mit seinen verdrängten Nachtmahren beunruhigt." Der Tagesspiegel