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Für ostdeutsche Akteure ist wegen ihrer weitgehend unter den Bedingungen der sozialistischen Wirtschaft geprägten Biographie die Aufnahme einer unternehmerischen Betätigung nicht ohne weiteres zu erwarten. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage, wer diese Position typischerweise einnimmt und welche spezifischen Handlungsprobleme oder -möglichkeiten den betrieblichen Alltag in Ostdeutschland prägen.
In teilstrukturierten Interviews mit Selbständigen verschiedener Branche und Betriebsgröße wurde versucht, den Zusammenhängen auf den Grund zu gehen und typische Probleme betrieblicher Praxis sichtbar zu machen. In der Studie wird unter anderem gezeigt, daß der Kapitaleinsatz vielfach an einer Rationalität ausgerichtet ist, die in der sozialistischen Wirtschaftsweise ihren Ursprung hat.
So zögern viele Befragte bei Investitionen oder schrecken vor Kreditaufnahmen zurück. Wenn die Monetarisierung sozialer Beziehungen beklagt oder die Tragweite beruflicher Flexibilisierung verkannt wird, verdankt sich dies der gleichen Logik unangepaßter Handlungsdispositionen. Daneben sind aber ebenfalls Beispiele dafür zu finden, daß zu Zeiten der DDR erworbene Denkgewohnheiten zu unternehmerischem Erfolg in der Wettbewerbswirtschaft führen können. Mit der hier angewendeten soziologischen Theorie lassen sich also Karrierebrüche und -kontinuitäten ostdeutscher Selbständiger gleichermaßen erklären. Die Ergebnisse zeigen außerdem, wo Defizite für die Herausbildung eines ostdeutschen Unternehmertums liegen. Es wird darüber hinaus ein modernisierungstheoretischer Ansatz vorgestellt, der über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten hinausgreift, denen man in den Transformationsgesellschaften Osteuropas begegnet.