Read more
Mehrere Jahre war Henri Beyle (1783-1842), wie Stendhal, der Autor der vielgelesenen und oft verfilmten Romane "Rot und Schwarz" und "Die Kartause von Parma", eigentlich hieß, in Deutschland unterwegs. Mit Napoleon zog er 1806 in Berlin ein, wurde zum Kriegskommissar befördert und für zwei Jahre nach Braunschweig abkommandiert, wo er der Besatzungsmacht bei der Eintreibung von Steuern behilflich war. 1809 war er bei der Eroberung Wiens zugegen und 1812 beim Sturm auf Moskau, von dem er sich in Königsberg erholte. Vor der Leipziger Völkerschlacht war er Kriegskommissar in Dresden und im schlesischen Sagan. Nach dem Sturz Napoleons verlor er seine Stellung und zog sich nach Italien zurück, wo er sich als Schriftsteller betätigte.
Stendhals Bild von Deutschland setzt sich aus unzähligen, oft nur lose miteinander verbundenen Mosaiksteinen zusammen. Statt gelehrter Abhandlungen schrieb er seine Alltagserfahrungen auf, fixierte von Stimmungen abhängige Momentaufnahmen, die er später en tweder beiseite legte oder, umgedichtet und paraphrasiert, in seiner Vorstellungskraft und in seinen Werken weiterleben ließ. Wie hat Stendhal die Deutschen und ihre Kultur wahrgenommen, und was verdankte er ihnen? Mit welchen Schriftstellern, Theaterleuten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens setzte er sich auseinander? Manfred Naumann geht Stendhals Bildern von den Gegenden und Menschen jenseits des Rheins nach und gibt die vor mehr als zweihundert Jahren geführte Debatte über Deutschland wieder, die in die kulturellen Kommunikationsverhältnisse ihrer Zeit eingebettet ist - eine Debatte, die auch heute nichts an Aktualität eingebüßt hat.
About the author
Manfred Naumann, geboren 1925; Professor für Romanische Philologie in Jena und Rostock; von 1969 bis zur Emeritierung an der Berliner Akademie der Wissenschaften. Studien zur französischen Aufklärung, zum Roman des 19. und 20. Jahrhunderts, zu deutsch-französischen Literaturbeziehungen und zur Rezeptionsästhetik; Herausgeber einer 12-bändigen deutschen Ausgabe der Werke Stendhals.