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In einer Bibliothek, deren Bücher der Frage nach dem guten, dem vielleicht richtigen Leben nachgehen, darf Adornos berühmter Satz als Behauptung nicht ununtersucht bleiben. Wie kann man überhaupt ein falsches von einem richtigen Leben unterscheiden?
Von welcher Seite aus betrachtet ist ein Leben falsch oder richtig? Aus der Perspektive der Flugzeugattentäter vom 11. September 2001 ist das falsche Leben genau das richtige Leben der westlichen Welt. Was stellt man mit dieser Erkenntnis an? "Dem Großprojekt eines Auszugs aus der falschen Welt und dem grundfalschen Leben war bislang kein durchschlagender Erfolg beschieden." Diesen Fehler im Webmuster des Lebens, des Denkens aufzuspüren, macht sich Jochen Hörisch auf.
"Heirate, du wirst es bereuen; heirate nicht, du wirst es auch bereuen; heirate oder heirate nicht, du wirst beides bereuen; entweder du heiratest oder du heiratest nicht, du bereust beides. Lache über die Torheiten der Welt, du wirst es bereuen; weine über sie, du wirst es bereuen; lache über die Torheiten der Welt oder weine über sie, du wirst beides bereuen; entweder du lachst über die Torheiten der Welt oder du weinst über sie, du bereust beides (...) Dies, meine Herren, ist aller Weisheit Inbegriff." Man kann es auch kürzer sagen: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen."
About the author
Jochen Hörisch, geb. 1951 in Bad Oldesloe, lehrt Literatur- und Medienwissenschaften an der Universität Mannheim.