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Friedrich Nietzsches Philosophie zeichnet sich dadurch aus, daß sie sprachliche Phänomene in ihrem Bezug zu Leiblichkeit deutet und umgekehrt die symbolische Verfassung des Leibes hervorhebt. Die vorliegende Studie rekonstruiert Nietzsches Leib- und Sprachphilosophie und nimmt dabei auf einen von Nietzsche selbst reformulierten Begriff von Subjektivität Bezug. Anders als neuzeitliche Deutungen, die das Wesen des Subjekts in die Vorstellung setzen, interpretiert Nietzsche das Selbst als Leiblichkeit. Die Logik subjektiver Entwicklungsvorgänge erkennt er nicht in der Idealität des vorstellenden, selbstreflexiven Ichs; sie soll vielmehr der empirisch rekonstruierbaren Materialität der Sprache entnommen werden. Die Konstitution des Subjekts durchsichtig zu machen bedeutet also, Leib und Sprache als zusammengehörige und nur zu Zwecken der Analyse voneinander zu trennende Momente eines Geschehens der Selbstbildung zu begreifen.
List of contents
Exposition
I. Kapitel: »SYMBOLIK DES LEIBES«
EIN MEDIENTHEORETISCHES ARGUMENT IN NIETZSCHES FRÜHSCHRIFTEN
Der » Weltknoten« - leibliche Selbstidentität bei Schopenhauer
»Individuation« - eine subjekttheoretische Lektüre der Tragödienschrift
Die »Doppelheit im Wesen der Sprache« - sprachtheoretische Überlegungen im Umkreis der Tragödienschrift
II. Kapitel: EINE »ANTINOMIE IN UNSEREM ERKENNTNISVERMÖGEN«
ÜBERLEGUNGEN ZUM EPISTEMOLOGISCHEN URSPRUNG VON SCHOPENHAUERS UND NIETZSCHES LEIBPHILOSOPHIE
Die »Verführung der Worte« - Kritik der Unmittelbarkeit
Der »bewußtlose Wille« - Umstellung von einem transzendental-idealistischen auf einen empirisch-materialistischen Argumentationstyp
Jenseits der anthropologischen« Episteme - erkenntnistheoretische Defizite in Nietzsches Leibphilosophie
III. Kapitel: DIE »SPRACHE DER KRÄFTE«
SKIZZE EINER ALLGEMEINEN ORGANISATIONSLEHRE IN DEN MITTLEREN UND SPÄTEN SCHRIFTEN
»Selbstregulierung« - Nietzsches naturphilosophische Gedankengänge
»Interpretation« - Sprache als Modell organischer Ordnungsbildung
»Einschreibung« - machttheoretische Überlegungen zur Genese von Subjektivität
IV. Kapitel: SCHRIFTKULTUR
ELEMENTE EINER PHILOSOPHISCHEN ZEITDIAGNOSE
Oralität und Literalität - eine medientheoretische Aussicht auf soziale Desintegration
Das »Individuelle« - Humboldt, Gerber und Nietzsche über den Zusammenhang von Sprache und Subjekt
Selbstentfremdung - die Konsequenzen symbolischer Desintegration
V. Kapitel: »GENEALOGIE«
TIEFENHERMENEUTISCHE AUSDEUTUNG DES LEIBES
Sprachverstehen - die hermeneutischen und sprachtheoretischen Prämissen der Leibdeutung
Philologie - Leibdeutung als Übersetzung und Rekonstruktion entstellter Texte
Psychologie - Interpretation als Symptomdeutung
VI. Kapitel: HOMINISATION
NIETZSCHES ANTHROPOLOGISCHE GEDANKENGÄNGE
»Selbstverneinung« - Überlegungen zum Übergang von der Natur zur Kultur
Triebabwehr - Sprache als evolutionäre Strategie der Entlastung
Von der Notwendigkeit der Selbsttäuschung das Imaginäre als anthropologische Kategorie
VII. Kapitel: RESYMBOLISIERUNG DES LEIBES
SELBSTBILDUNG IM MEDIUM DER KUNST
Metaphern des Leibes - die Sprache »aus der Natur«
»Denken« und »Dichten« - die kognitive Funktion der Kunst
Ästhetik der Existenz - Nietzsches künstlerische Selbsterschaffung
Summary
Friedrich Nietzsches Philosophie zeichnet sich dadurch aus, daß sie sprachliche Phänomene in ihrem Bezug zu Leiblichkeit deutet und umgekehrt die symbolische Verfassung des Leibes hervorhebt. Die vorliegende Studie rekonstruiert Nietzsches Leib- und Sprachphilosophie und nimmt dabei auf einen von Nietzsche selbst reformulierten Begriff von Subjektivität Bezug. Anders als neuzeitliche Deutungen, die das Wesen des Subjekts in die
Vorstellung
setzen, interpretiert Nietzsche das Selbst als
Leiblichkeit
. Die Logik subjektiver Entwicklungsvorgänge erkennt er nicht in der Idealität des vorstellenden, selbstreflexiven Ichs; sie soll vielmehr der empirisch rekonstruierbaren Materialität der Sprache entnommen werden. Die Konstitution des Subjekts durchsichtig zu machen bedeutet also, Leib und Sprache als zusammengehörige und nur zu Zwecken der Analyse voneinander zu trennende Momente
eines
Geschehens der Selbstbildung zu begreifen.