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Tree Weekend zeigt weniger das Endprodukt einzelner Designprozesse, sondern Kim Hiorthoy aus Norwegen versucht, die flüchtigen Momente einzufangen, in denen Ideen entstehen. Fotografien, Handzeichnungen, Computergrafik aus verschiedensten Disziplinen auf ihren Kern heruntergekocht und skizzenhaft bis penibel ausgearbeitet.
Was entsteht - es ähnelt eher einem Film als einem Buch - geschieht mit ernsthafter Verspieltheit und nur in dem Maß, wie es nötig ist, um den Blick für die alltäglichen Bilder, Vorgänge, Wörter zu schaffen, die Ausgangspunkte für gute Gestaltung sein könnten. Kim Hiorthoy's Ideen werden auf wackligem Untergrund nicht im sicheren Hafen geboren. Deshalb ist dieser Band ein amüsant-kalkulierter Bildersturm zwischen moderner HipHop-Grafik, Skizzenbucheinträgen, Fotokisten, Kindergartenspielen und dem Kochen einer Kartoffelsuppe.
Report
"Außerhalb der Grenzen Skandinaviens kennt man den jungen Norweger, der gerade mal Mitte zwanzig ist, bislang hauptsächlich durch seine CD-Cover für die Band Motorpsycho - für diese Formation hat er seit 1995 immerhin fast 30 Plattenhüllen gestaltet und als Koregisseur an Musikvideos mitgearbeitet. Damit ihn nun auch alle Nicht-Motorpsycho-Fans kennen lernen, gab der Berlin Verlag die Gestalten ein Buch heraus, in dem Kim Hiorth y selbst sein Werk vorstellt. Zu sehen sind nicht nur fertige Auftragsarbeiten, sondern auch Entwürfe, die den Weg der Ideenfindung dokumentieren, Skizzen und sehr persönliche Fotografien. In der Tat kann man Kim Hiorth y, der an der Kunstakademie Trondheim studiert hat und derzeit in Kopenhagen lebt, nicht als professionellen Grafiker im üblichen Sinn bezeichnen, dessen Hauptwerkzeug der Computer ist. Er ist vielmehr ein Illustrator, ein Bildmensch, ein Male, der lebendige kleine Zeichnungen anfertigt, aber oft auch sehr abstrakt mit puren Farbfläch en arbeitet.
Daher ist es auch kein Wunder, dass "Tree Weekend" fast ein reines Bilderbuch mit sehr wenig Text wurde. Nur an einer Stelle trägt Hiorth y Anekdoten zusammen, die für ihn bedeutsam sind. So erzählt er, wie er einmal im Fernsehen ein Interview mit einem Veteranen der sowjetischen Raumfahrt sah, der gefragt wurde, wie es zum Stromausfall auf der Raumstation Mir kommen konnte. Langsam, in gebrochenem Englisch, habe der alte Mann geantwortet: "Das Leben ... ist sehr kompliziert." (PAGE 08/00)