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Wer heute "Märchen" sagt, muß nicht nur die Brüder Grimm kennen - er muß vor allem Basile gelesen haben. Giambattista Basiles Märchen der Märchen, 1634 bis 1936 und damit posthum erschienen, ist als Pentamerone (Fünf-Tage-Werk) weltberühmt geworden. Der globale Ruhm erreichte Basile allerdings erst lange nach seinem Ableben. Nicht nur der französische Märchendichter Charles Perrault hat das Pentamerone gekannt. Wieland entnahm ihm den Stoff zu seinem Pervonte, Brentano ließ sich von Basiles Texten zu seinen Italienischen Märchen inspirieren, die Brüder Grimm lieferten eine erste vollständige Inhaltsangabe. Hunderte von Erzählerinnen und Erzählern trugen Basiles Märchentypen bis in unser Jahrhundert hinein in immer neuen Varianten mündlich vor. Kluge Prinzessinnen, Tierkönige, Drachentöter, ungeschickte Tölpel, wackere Abenteurer, grimmige Oger, hilfreiche Feen, Prinzen und Könige - die altvertrauten Figuren der europäischen Märchenliteratur bevölkern dieses barocke Erzählwerk, das unter dem Deckmantel des Dialekts die zugleich phantastische wie reale mediterrane Lebenswirklichkeit des 17. Jahrhunderts erfaßt und eines der schönsten und tiefgründigsten Märchenbücher, mit Sicherheit aber die originellste Sammlung von Phantasiegeschichten darstellt.
About the author
Rudolf Schenda, geboren 1930, war Ordinarius für Europäische Volksliteratur an der Universität Zürich. Seine Thesen in "Das Elend der alten Leute" und in "Volk ohne Buch" (1988) haben ihn als Kritiker sozialer Probleme bekannt gemacht. Neuere Arbeiten gelten vor allem der Märchenforschung und mündlichen Überlieferung Europas.§§
Dr. phil. Hanno Helbling, Schriftsteller und Übersetzer, Jg. 1930, studierte Germanistik und Vergleichende Literaturgeschichte in Zürich, Neapel, München und Rom. Er war Redaktor der NZZ von 1958-95 und Leiter der Feuilletonredaktion NZZ von 1973-92. Helbling legte Publikationen zur Geistesgeschichte des Spätmittelalters vor, zur Kirchengeschichte der neuesten Zeit; Übersetzungen aus dem Italienischen, Französischen und Englischen. Seit 1994 lebt er in Rom.
Alfred Messerli, Prof. Dr., studierte Germanistik, Sozialgeschichte und Europäische Volksliteratur an den Universitäten Zürich und Bremen. 1988 promovierte er mit der Arbeit Elemente einer Pragmatik des Kinderliedes und des Kinderreimes. Er habilitierte sich 2000 und ist Titularporfessor am Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich.
Summary
Wer heute „Märchen“ sagt, muß nicht nur die Brüder Grimm kennen – er muß vor allem Basile gelesen haben. Giambattista Basiles Märchen der Märchen, 1634 bis 1936 und damit posthum erschienen, ist als Pentamerone (Fünf-Tage-Werk) weltberühmt geworden. Der globale Ruhm erreichte Basile allerdings erst lange nach seinem Ableben. Nicht nur der französische Märchendichter Charles Perrault hat das Pentamerone gekannt. Wieland entnahm ihm den Stoff zu seinem Pervonte, Brentano ließ sich von Basiles Texten zu seinen Italienischen Märchen inspirieren, die Brüder Grimm lieferten eine erste vollständige Inhaltsangabe. Hunderte von Erzählerinnen und Erzählern trugen Basiles Märchentypen bis in unser Jahrhundert hinein in immer neuen Varianten mündlich vor. Kluge Prinzessinnen, Tierkönige, Drachentöter, ungeschickte Tölpel, wackere Abenteurer, grimmige Oger, hilfreiche Feen, Prinzen und Könige – die altvertrauten Figuren der europäischen Märchenliteratur bevölkern dieses barocke Erzählwerk, das unter dem Deckmantel des Dialekts die zugleich phantastische wie reale mediterrane Lebenswirklichkeit des 17. Jahrhunderts erfaßt und eines der schönsten und tiefgründigsten Märchenbücher, mit Sicherheit aber die originellste Sammlung von Phantasiegeschichten darstellt.