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Noch immer sind die Bilder der fallenden Schlagbäume an den Grenzübergängen, der jubelnden Massen auf der Mauer am Brandenburger Tor und der sich stauenden Trabis auf dem Kurfürstendamm im kollektiven Gedächtnis der Deutschen. Inzwischen ist die Euphorie verflogen, und es sind vor allem die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der deutschen Einheit, die den Freudenrausch von damals in Ernüchterung gewandelt und vehemente Kritik an den Entscheidungen der politischen Akteure hervorgerufen haben. Aber gab es angesichts der Dramatik des innen- und außenpolitischen Umbruchs wirklich ernst zu nehmende Alternativen? Wäre es möglich gewesen, das Tempo der Wiedervereinigung zu drosseln, um die beiden Teile Deutschlands behutsamer zusammenwachsen zu lassen?
In seinem Bericht über das Wendejahr von 1989/1990 erzählt Claus J. Duisberg, der als Leiter des "Arbeitsstabes Deutschlandpolitik" im Bundeskanzleramt maßgeblich an den innerdeutschen Verhandlungen beteiligt war, von der elementaren Dynamik der Ereignisse, denen sich die politisch Verantwortlichen gegenübersahen. Sein Bericht ist nicht nur eine präzise, detaillierte und brillant erzählte Darstellung eines der glücklichsten Jahre in der Geschichte des 20. Jahrhunderts; er ist zugleich auch ein Lehrstück, dass in Zeiten revolutionärer Umbrüche die Geschichte selbst handelnde Kraft besitzt.
About the author
Claus J. Duisberg, 1934 in Frankfurt am Main geboren, trat 1964 in den Auswärtigen Dienst ein, war von 1978 bis 1982 an der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin und von 1986 bis zur Wiedervereinigung im Bundeskanzleramt für die Beziehungen zur DDR zuständig. Danach leitete er die Dienststelle des Auswärtigen Amtes in Berlin und war Beauftragter für den Abzug der russischen Truppen. Zuletzt vertrat er Deutschland als Botschafter in Brasilien.